Neuss Kugelrunder Energiepuffer auf der Furth

Neuss · Der 1957 gebaute Gaskugelbehälter an der Römerstraße ist ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Solche Anlagen würden heute weder genehmigt noch gebaut. Doch der Tank hilft nach wie vor dabei, die Gasversorgung zu sichern.

 Achim Theuerkorn ist für den einzigen Gaskugelbehälter im Versorgungsnetz der Stadtwerke verantwortlich. Aufgeben möchte er die Anlage nicht, auch wenn sie so heute nicht mehr gebaut würde. Denn: "Die Kugel verdient Geld."

Achim Theuerkorn ist für den einzigen Gaskugelbehälter im Versorgungsnetz der Stadtwerke verantwortlich. Aufgeben möchte er die Anlage nicht, auch wenn sie so heute nicht mehr gebaut würde. Denn: "Die Kugel verdient Geld."

Foto: woi

1000 Meter Schweißnaht halten die Kugel des Gasbehälters zusammen, der seit Jahrzehnten das Bild an der Römerstraße prägt. Mit 25 Metern Höhe unübersehbar inmitten der Gewerbebetriebe, die sich im Lauf der Zeit immer näher an ihn herangeschoben haben, ist dieser stille Riese ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit.

"So etwas würde heute nicht mehr genehmigt werden", ist Achim Theuerkorn sicher, der als Leiter der Abteilung Netzsteuerung bei den Stadtwerken arbeitet. Aber aufgeben möchte er die Anlage nicht. "Die Kugel verdient ja auch Geld."

Im Februar 1957 wurde der Gaskugelbehälter fertig gestellt. Es war nicht das erste Bauwerk dieser Art in der Geschichte der Gasversorgung der Stadt, die seit 1858 von den Gebrüdern Sels als Privatunternehmer mit städtischer Konzession aufgebaut wurde. Anfang des 20. Jahrhunderts - die Stadt hatte die Gasversorgung schon in eigene Hände genommen - wurde der erste Tank gebaut, der gerade einmal 600 Kubikmeter fasste. Die Stahlkonstruktion an der Römerstraße blieb stets der Behälter mit dem größten Fassungsvermögen. Denn weil die Kugel mit einem Raumvolumen von 6250 Kubikmetern großem Druck standhält, können gut 50 000 Kubikmeter Gas in ihr eingelagert werden. Diese Methode war lange Stand der Technik, doch auch aus Gründen der Stadtbildpflege werden solche Behälter nicht mehr gebaut. Heute setzen Energieversorger auf unterirdische Tanks oder Röhrenspeicher.

In den Blick der Behörden geriet der "stille Riese" zuletzt, als an der Römerstraße Blindgänger von Fliegerbomben gefunden und entschärft werden mussten. Dann musste das Gas aus Sicherheitsgründen aus der Kugel ins Netz abgelassen werden. Kein ungewöhnlicher Vorgang, denn der Behälter wird je nach Nachfrage der Gaskunden befüllt oder geleert. "Die Kugel atmet", erklärt Theuerkorn.

Gebaut wurde die Kugel als Vorratsspeicher. Er sollte die Gaskunden in Neuss vor Versorgungsengpässen schützen. Diese Funktion hat der Tank verloren, berichtet Theuerkorn, dafür wuchsen ihm Regelfunktionen zu. So fängt er die sogenannte Spitzenlast ab. Verbrauchen die Kunden - Haushalte wie Unternehmen - mehr Gas als für den Tag beim vorgelagerten Netzbetreiber geordert wurde, deckt das Gas aus dem Behälter die Lücke. Kurzfristige "Nachbestellungen" sind zwar nicht mehr so kostspielig wie in der Vergangenheit, berichtet Theuerkorn, aber der "Puffer" aus Neuss entlaste das Netz des Vorlieferanten. Zum Beispiel an kalten Tagen, wenn überall der Verbrauch in die Höhe klettert.

Im Versorgungsnetz der Stadtwerke, über das aktuell 100 Gashändler ihre Kunden - gegen Zahlung eines Netzentgeltes an die Stadtwerke - in Neuss beliefern, ist der Gaskugelbehälter einmalig, obwohl es im Stadtgebiet 15 so genannte Netzkoppelpunkte gibt. An ihnen wird das mit einem Druck von 8,5 Bar anströmende Gas des Lieferanten mengenmäßig erfasst und auf die unterschiedlichen Druckstufen im Netz heruntergeregelt. Privathaushalte erreicht das Erdgas mit einem Anströmdruck von nur 0,1 Bar, bei Gewerbekunden ist ein Bar Druck auf der Leitung. Und Großkunden wie FS Karton werden über das von den SWN betriebene Hochdrucknetz mit vier Bar bedient. Aber nur an der Römerstraße ist der große Tank dazwischengeschaltet. Sein "Atmen" wird längst automatisch geregelt und von der zentralen Leitstelle überwacht.

(NGZ)
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