Neuss Künstler machen die Stadt zur Bühne

Neuss · Aus Amsterdam, Rotterdam und Berlin kommen die fünf Künstler, die mit ihrer Performance den Blick der Menschen verändern wollen.

 Monali Meher, Peter Baren und Ieke Trinks (v.l.) sind drei der fünf Performance-Künstler, die morgen die Stadt erkunden werden.

Monali Meher, Peter Baren und Ieke Trinks (v.l.) sind drei der fünf Performance-Künstler, die morgen die Stadt erkunden werden.

Foto: Andreas Woitschützke

Sollten Sie morgen in der Stadt auf einen Mann treffen, der ein weißes Taschentuch fallen lässt, tragen Sie es ihm nicht nach. In keiner Hinsicht. Er macht das extra. Lässt immer dann ein Taschentuch fallen, wenn er aus seinem Buch einen Satz zu Ende gelesen hat. Dass er sich dabei ähnlich wiegt wie ein Mensch an der berühmten Klagemauer in Jerusalem, gehört auch dazu. Er wird nicht mit Ihnen reden, seine Stimme hören Sie nur, wenn er einen willkürlich ausgesuchten Satz aus seinem Buch liest. Aus Peter Sloterdijks "Zorn und Zeit".

Morgen werden Ihnen noch andere Merkwürdigkeiten im Stadtbild auffallen. Eine Frau auf dem Markt, die Dinge verkauft, die sie auf den Neusser Straßen gefunden hat. Eine andere Frau, die rückwärts mit Räucherstäbchen in der Hand durch die Straßen bis zu ihrem Ziel Hafenbecken 1 läuft.

Und warum das alles? Es ist Performance-Zeit in Neuss. Kunst mal ganz anders. Mitten unter den Menschen und mit den Menschen, denn nur so funktioniert, was sich die Niederländer Peter Baren (der Mann mit den Taschentüchern), Ieke Trinks (die Marktfrau) oder Monali Meher (die Frau mit den Räucherstäbchen) ausgedacht haben. Baren lässt sich überraschen, ob die Menschen ihm auf seinen Weg folgen, wie sie überhaupt reagieren. Meher lässt sich gar von ihnen leiten, liest ihren Weg (auch die Gefahren) in den Augen der Passanten ab. Und Trinks lässt den Wert ihrer Fundsachen erst schätzen, bevor sie verkauft. Dann kann schon mal passieren, dass ein Passant den Wert eines Plastikstücks auf zig Milliarden schätzt, weil er die Plastikvermüllung der Meere und Kosten für die Umwelt mitdenkt.

Die Drei gehören zu den fünf Künstlern, die Klaus Richter, städtischer Kurator an der Alten Post, nach Neuss eingeladen hat. Zum ersten Deutsch/Niederländischen Performance-Treffen, dessen idealer Rahmen die Themenwoche "Anders sein" ist.

"Ein Festival wollte ich es nicht nennen", sagt Richter, der selbst auch ein äußerst vielfältiger (Performance-)Künstler ist. Aber auch mit diesem Treffen, an dem außer den drei genannten noch Patrick Jambon und Sergeij Vutuc (beide Berlin) teilnehmen, ist er einen Schritt weiter auf seinem Weg, die Alte Post auch für die Performance zu öffnen und zu etablieren.

Zum Treffpunkt wird sie jetzt allemal, denn alle sechs Künstler starten von der Alten Post aus. Nacheinander ziehen sie durch die Stadt, erobern ihren Raum, indem sie sich auf besondere Weise seinen Menschen nähern. Dass es sich dabei um Kunst handelt, wollen sich schon deutlich machen. Peter Baren etwa will keine Faxen machen, sondern schon als Figur wahrgenommen werden. Ihn wird daher auch eine gewissen Strenge auszeichnen, während bei Ieke Trinks der direkte Kontakt unumgänglich sein wird. Dennoch gibt es Zeit und einen Ort zum Reden. Vorher und nachher an der Alten Post, wo sich gerne auch Zuschauer einfinden dürfen.

(NGZ)
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