Neuss Krippe mit Kreuzweg

Neuss · Neuss Die Mauern von Jerusalem, Palmen und auch die Kleidung der Menschen verorten das Geschehen eindeutig im Nahen Osten. Aber das Glitzern des felsigen Untergrunds verrät den Ort des Entstehens: Die Krippe mit Figuren aus Pappmaché aus dem 19. Jahrhundert stammt aus dem Salzburger Land, wo damals noch Erz abgebaut wurde.

Neuss Die Mauern von Jerusalem, Palmen und auch die Kleidung der Menschen verorten das Geschehen eindeutig im Nahen Osten. Aber das Glitzern des felsigen Untergrunds verrät den Ort des Entstehens: Die Krippe mit Figuren aus Pappmaché aus dem 19. Jahrhundert stammt aus dem Salzburger Land, wo damals noch Erz abgebaut wurde.

Ungewöhnlicher als der versteckte Hinweis auf ihre Herkunft ist jedoch das Bildmotiv der Krippe: Es zeigt die Passionsgeschichte. Denn Krippen, so erzählt der Volkskundler und stellvertretende Leiter des Clemens-Sels-Museum, Dr. Thomas Ludewig, wurden nicht nur zur Weihnachtszeit aufgestellt, sondern auch zu Ostern: "Früher dürfte es auch in Neuss welche gegeben haben."

Unter Wissenschaftlern sei es weitgehend bekannt, dass die biblischen Szenen der Passions- und Osterzeit auch in Krippendarstellungen Nachhall fanden, allerdings seien sie aus dem alltäglichen Bild heute eher verschwunden. Obwohl: "Es gibt offensichtlich eine kleine Renaissance", erzählt Ludewig. Er weiß von einigen Kirchen vor allem im Süddeutschen, die zur Osterzeit Krippen aufbauen, und auch, dass mancherorts sogar lebende Krippen gezeigt werden.

Die im Bestand des Museums befindliche Darstellung ist dagegen eine "faule Krippe". Sie musste man nämlich nicht aufbauen, sondern konnte sie einfach hinstellen - einen Kasten, der hinten und an den Seiten aus Holz und vorne aus einer Glaswand besteht. Fachlich richtig ist natürlich ein anderer Begriff: "Kastenkrippe".

In der Darstellung der Passionsgeschichte bezogen sich die unbekannten Künstler gleich auf drei Evangelien und einen apokryphische (nicht anerkannten) Text. "Sie nahmen sich das heraus, was am eindrücklichsten war", erklärt Ludewig. Das führte etwa dazu, dass für den Gang nach Golgatha sowohl Lukas wie auch Johannes bildlich zitiert werden. Ersterer sprach als einziger davon, dass viel Volk dabei war; Johannes beschrieb, dass Jesus das Kreuz weitgehend allein getragen hat, während andere Simon von Kyrene als Helfer erwähnen.

Auch Legendenfiguren wie Veronika, die Jesus ein Schweißtuch gereicht haben soll, finden sich wieder. Aber am bemerkenswertesten findet Ludewig die Darstellung vom Grab des Gottessohnes. Mit bloßem Körper ruht er in der Grabeshöhle. Die Tücher, in die er gehüllt wurde, liegen am Kopf und Fußende; die Wachen, die Pontius Pilatus laut Matthäus geschickt hat, sind in tiefem Schlag versunken.

Damit sind die Krippenbauer ein Stück über die übliche Darstellung hinausgegangen, denn die meisten Passionskrippen enden laut Ludewig mit dem Bild des gesalbten und in Tüchern gehüllten Jesu im Grab. Die Salzburger Krippe hingegen zeigt noch den Übergang. Die Auferstehung Jesu steht unmittelbar bevor, nur die Frauen sind noch nicht eingetroffen.

(NGZ)
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