Ein Künstler aus Neuss Auf den Spuren von Josef Neuhaus

Neuss · Der vor 20 Jahren gestorbene Künstler Josef Neuhaus hat viele Skulpturen für das Stadtgebiet geschaffen. Und das Kreuz in der Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof.

 Der „Würfel“ am Clemens-Sels-Museum gehört zu den bekanntesten Arbeiten des Bildhauers Josef Neuhaus.

Der „Würfel“ am Clemens-Sels-Museum gehört zu den bekanntesten Arbeiten des Bildhauers Josef Neuhaus.

Foto: Helga Bittner

Wie viele Augenpaare mögen schon auf ihm geruht haben? Wie viele Gedanken an liebe Menschen hat dieser Christus schon gehört? Kann man ihn überhaupt sehen, wenn man mit dem Gefühl noch bei jemanden ist, den man gerade betrauert? Ganz bewusst schlicht gehalten ist die Skulptur des Gekreuzigten an der Stirnwand der Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof – nicht nur, weil es auch der Formensprache des Künstlers entspricht.

Josef Neuhaus, dem das Clemens-Sels-Museum in seiner Dependance Feld-Haus auf der Raketenstation eine Ausstellung („Die Form wahren“) widmet, hat viele Spuren in der Stadt hinterlassen. Fast überall kann man ihnen begegnen: beim „Würfel“ am Neusser Museum im Stadtgarten, bei der „Schleife“, die immer noch an der Hammer Landstraße steht, obwohl doch schon lange eine Beschluss vorliegt, die Skulptur in den Stadtgarten zu versetzen, oder die große Edelstahlplastik an der Bonner Straße in Grimlinghausen – sieben Werke des vor 20 Jahren gestorbenen Bildhauers stehen allein im Außenraum des Neusser Stadtgebiets (ein weiteres in einer Schule). Mehr als 300, so wird geschätzt, gehören zur Städtischen Kunstsammlung, die nach dem Tod der Ehefrau des Künstlers, Annemarie, vor zwei Jahren den Nachlass in Besitz nahm.

Über manche mag der Neusser stolpern, aber weiß er auch, dass das Kreuz in der Trauerhalle aus dem Atelier des Künstlers stammt? Doch die Signatur am unteren Rand des Längsbalkens ist unverkennbar: „JN 58“ steht da, die Zahl entspricht dem Bauzeitraum der Trauerhalle, die 1956/57 erbaut wurde. Die Pläne dazu stammen von dem Neusser Architekten Toni Maier, der auch die Stadthalle an der Selikumer Straße entworfen hat.

Seine Tochter Leonie Otten, heute 85 Jahre alt und ebenfalls Architektin, kann sich genau an die Entstehungszeit erinnern. Und sie weiß auch, warum Neuhaus der Auftrag für das Kreuz erteilt wurde – und nicht Hein Minkenberg, von dem viele dennoch glauben, er habe die Skulptur gemacht. „Ich war damals als Architektin im Büro meines Vaters tätig“, erzählt sie, „und fand vor allem, dass Minkenbergs Christus ein sehr leidender war.“ Doch die Menschen, „die in die Trauerhalle kommen, müssen schon genug Leid tragen“, sagt sie und hat sich daher sehr dafür eingesetzt, dass Josef Neuhaus mit der Arbeit beauftragt wurde, die Jesus als Auferstandenen zeigt. „Zum Glück ist der Rat damals meiner Anregung gefolgt.“

Neuhaus’ Christus ist wahrlich schlicht, der Körper schlank, das Gesicht hat Nase, Mund, Augen, aber nichts davon gibt ihm einen leidenden Ausdruck. Eher einen entrückten, als ob er schon in einer anderen Welt weilt und dem Betrachter dies als Trost vermitteln will. Das Neuhaus’ Christusfigur aus Holz ist, das er nicht – wie etwa in der Feld-Haus-Ausstellung zu sehen ist – nachträglich mit weißer Farbe behandelt hat, mag dazu beigetragen haben, dass diese Arbeit selten ihm zugeschrieben wird. Tatsächlich hat sie in dieser Material-Purheit in seinem Œuvre auch eher Seltenheitswert.

 Das von Josef Neuhaus geschaffene Kreuz mit Christus in der Trauerhalle.

Das von Josef Neuhaus geschaffene Kreuz mit Christus in der Trauerhalle.

Foto: Helga Bittner

„Ein Kunstwerk erklärt sich selbst. Warum also Erklärungen. Was für die Augen bestimmt ist, kann nicht mit den Ohren aufgenommen werden“ ist ein Zitat des Künstlers, das kaum einmal fehlt, wenn es darum geht, seine Arbeiten zu beschreiben. Dass er diese keineswegs nur aus Stahl schuf, wie die wohl markantesten Arbeiten in Neuss, der „Würfel“ und die „Schleife“, es nahelegen, zeigt aber nicht nur die Christusfigur, sondern kann auch mit anderen Beispielen belegt werden. So sind die Figuren der „Trauernden“ (1957 in Reuschenberg und 1964 in Holzheim) aus Beton – aber die Formensprache, das eher Strenge, Asketische, ist unverkennbar.

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