Königsehrenabend der Neusser Schützen Ein Orden für den Fackelbau

Neuss · Das Herz von Schützenkönig Georg Martin schlägt für den Fackelbau. Sein Königsorden, den es „nur“ in 1111 Exemplaren gibt, drückt das aus. Breite Solidarität erfuhr der Schützenpräsident, gegen den ermittelt wird.

 1837 war mit Wilhelm Servaes schon ein Vorfahre von Georg Martin (l.) Schützenkönig in Neuss. Einen Orden von ihm kann Schützenpräsident Martin Flecken, der das „Edelmetall“ beim Königsehrenabend in der Stadthalle zeigte, jetzt der Sammlung des Schützenmuseums hinzufügen

1837 war mit Wilhelm Servaes schon ein Vorfahre von Georg Martin (l.) Schützenkönig in Neuss. Einen Orden von ihm kann Schützenpräsident Martin Flecken, der das „Edelmetall“ beim Königsehrenabend in der Stadthalle zeigte, jetzt der Sammlung des Schützenmuseums hinzufügen

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Zum ersten Mal seit Jahren wird das offizielle Programmheft zum Neusser Schützenfest nicht den Königsorden auf dem Titelbild zeigen. Denn damit vorab auch nicht das kleinste Detail nach außen dringen kann, hielt Schützenkönig Georg Martin auch gegenüber den Organisatoren im Komitee alles unter Verschluss. Sein Königsgeschenk, seinen Orden – und die Zahl, in der er diesen prägen ließ. Das war nur eine von mehreren Besonderheiten an einem besonderen Königsehrenabend, die deutlich macht: Der König führt Regie, nicht Brauch oder Gepflogenheit.

So war die Spannung in der Stadthalle groß – und die Enttäuschung vieler Schützen programmiert. Denn Georg I. limitierte den Orden auf 1111 Stück und bedachte besonders Fackelbauer, Feldwebel – weil er in seinem Schützenlustzug „Die Oberjä(h)rigen“ diesen Rang bekleidete – und lieber Erstmarschierer als „alte Hasen“. Schützenpräsident Martin Flecken fällt kaum ein anderer König ein, der weniger Orden ausgab, doch steckt nicht Knauserigkeit dahinter. „Die Reduktion“, betonte Georg I. in einer – auch das ein Novum – frei vorgetragenen Rede, „ist eine Möglichkeit, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen und mehr Schützen zu motivieren, ein Bewerbungsschreiben als Königsanwärter auszufüllen.“ Diesen Gedanken im Sinne seiner Nachfolger beschäftigt Georg Martin, seit er vor 348 Tagen zur Vogelstange zog und diese zu seinem eigenen Erstaunen als Schützenkönig verließ.

Seine Sorge scheint zumindest für 2018 unbegründet, denn dem Komitee liegen schon zwei Bewerbungen vor. Das hat mit den staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung derzeit auch ein ganz anderes Problem. Schützenpräsident Martin Flecken, der nun auch ins Fadenkreuz der Ermittler geraten ist, sprach diesen Fall schon in der Begrüßung vor der fast voll besetzten Stadthalle offen an. Wenn man das Beste für den Verein wolle, wenn man das Ziel habe, die Beiträge niedrig zu halten und wenn man dafür dann strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt wird, dann, so Flecken mit bewegter Stimme, „gehört einiges dazu, den Mut nicht sinken zu lassen.“ Der Saal antwortete mit lang anhaltendem Applaus – als Ausdruck und Zeichen der Solidarität.

Flecken führte zum ersten Mal als Präsident durch den Königsabend und stellte die amtierende Majestät als einen Mann mit Ecken und Kanten vor. Mehr als einmal hatte es im zurückliegenden Jahr zwischen Komitee und König geknirscht, der seinen eigenen Grundsätzen folgt, bei „Gegenwind“ aber auch nicht abtaucht, sondern seine Entscheidungen vertritt. Wie eben die mit der Ordensanzahl. Von den Verdiensten, die sich der König erworben hat, berichtete dann Vize-Präsident Michael Schmuck – wie der König ein Motorradfahrer– in seiner Laudatio. Der König sei „für manch’ flotten Spruch und manch’ provokante Großfackel bekannt“, sagte Schmuck, der „Fackel-Georg“, so ein Spitzname des Königs, das Prädikat „volksnah“ zuerkannte.

Dem (spärlicheren) Ordensregen folgte ein Heimgeleit, das in eine friedliche Partynacht überging, während der König im Marienhaus zu später Stunde noch geladene Gäste um sich versammelte. Einzige Frau im Saal: Angelika Kunz, die Königin. Sie stellte Komiteemitglied Achim Robertz in seiner Laudatio als Frau vor, die sich gut in Menschen einfühlen kann, ohne „Everybody’s Darling“ sein zu wollen.

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