Neuss Kloster in Pskow

Neuss · Neuss/Pskow (NGZ) Die Menschen in der russischen Partnerstadt Pskow sind stolz darauf, dass man von einer ihrer Kirchen die nächste sehen kann. Auch wenn der Gast dem nicht so recht Glauben schenken will. "Aber", so betont Dr. Dieter Weißenborn, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft, "es gelingt tatsächlich, auch wenn der Blick hin und wieder suchend durch Buschwerk und Bäume sein Ziel suchen muss."

Neuss/Pskow (NGZ) Die Menschen in der russischen Partnerstadt Pskow sind stolz darauf, dass man von einer ihrer Kirchen die nächste sehen kann. Auch wenn der Gast dem nicht so recht Glauben schenken will. "Aber", so betont Dr. Dieter Weißenborn, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft, "es gelingt tatsächlich, auch wenn der Blick hin und wieder suchend durch Buschwerk und Bäume sein Ziel suchen muss."

Weißenborn besuchte die Partnerstadt und widmete sich der Fülle sakraler Bauten. Dabei machte er Bekanntschaft mit der Äbtissin des Eleasarowskij-Erlöser-Klosters - und war beeindruckt von einer Frau mit vier Berufen.

Im Umkreis von Pskow können Besucher an einem Tag sechs Klöster erreichen. Oft liegen sie abseits, sind nur schwer zu erreichen. Immer muss man sich durchfragen. "Die Klöster sind auch für den Einheimischen nicht allzuoft Ziel von Ausflügen", erklärt Weißenborn. Siebzig Jahre verordneter Atheismus hat seine Wirkung nicht verfehlt.

Am Eleasarowskij-Erlöser-Kloster, einer großen historischen Anlage , begrüßt eine Novizin die Gäste. Sie berichtet, dass die Anlage erst seit einigen Jahren saniert wird, vor allem die Kirche. Die war zu Sowjetzeiten dem Verfall preisgegeben. Das Refektorium wurde hingegen als Jugendheim genutzt. Dort war der Reparaturaufwand gering. Die Zellen für die Nonnen waren wieder hergerichtet. Mehr über das Kloster soll die Äbtissin wissen, die Weißenborn und seinenBegleitern Zuritt zum Refektorium gestattet.

Die fängt bei sich selbst an. "In der Schule gab es keinen Religionsunterricht, aber ein Geistlicher machte mich neugierig. Diese Begegnung mit der Religion ließ mich fortan nicht mehr los." Diese Erfahrung musste verborgen bleiben. Die Geistlichen wurden verfolgt, die Gläubigen auf Schritt und Tritt diskriminiert. Dem jungen Mädchen gelang es, an einem Pädagogischen Institut zu studieren. Sie wurde Lehrerin. Von ihrem Glauben überzeugt, versuchte sie, die ihr anvertrauten Kinder christlich zu erziehen. Doch das wurde schnell ruchbar. Die Folge: Entlassung..

Kurz entschlossen begann die junge Frau eine Ausbildung als Kindergärtnerin. Das gelang, und sie bekam eine Anstellung. Der allgegenwärtige Geheimdienst beobachtete genau. "Man glaubte anfangs, dass den Kleinen von einer Christin keine Gefahr drohe", berichtet Weißenborn. Doch die Aufpasser hatten sich getäuscht. Als die Kinder ihre Hände zum Gebet falteten, war die Geduld der Vorgesetzten wieder zu Ende: fristlose Entlassung.

Sie wollte eine dritte Ausbildung beginnen, als Kinderkrankenschwester. Die Apparatschiks sagten ja. Wohl weil sie vermuteten, dass Säuglingen der christliche Glaube nicht gefährlich werden kann. Diesem dritten Beruf blieb die Frau bis zum Ende der Sowjetzeit treu.

Glasnost und Perestroika machten es möglich, dass sie sich offen der Theologie widmen konnte. Sie ging ins Eleasarowskij-Erlöser-Kloster. Damit begann der Aufbau der , jahrhundertealten Anlage. Schnell scharte sie eine Gruppe engagierter Frauen, Nonnen, um sich. Und gemeinsam wurde saniert, restauriert, neu gebaut.

Eine vierte Ausbildung ging sie an, als eine junge Novizin auf die Aufforderung, in Moskau Theologie zu studieren, mit Zaudern reagierte. Sie wollte nicht allein in die Großstadt. Also ging die ältere Schwester mit. Weißenborn: "Theologin im vierten Beruf zu sein, wird wohl eine Ausnahme bleiben." Mit dem Abschluss war der Karriereweg vorgezeichnet: Äbtissin in einem für Russland historisch bedeutsamen Kloster zu sein, befähigt zu Höherem. Inzwischen wurden ihr überregional Aufgaben anvertraut.

(NGZ)
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