Literarischer Sommer in neuss Roman über ewigen Geheimtipp der Literatur

Neuss · Klaus Modick stellte seinen Roman über Eduard Keyserling vor. Damit eröffnete er den Literarischen Sommer in Neuss.

Der Beginn des diesjährigen Literarischen Sommers in Neuss war  einer der ersten öffentlichen Auftritte von Claudia Büchel. Ihr Vorgänger Alwin Müller-Jerina angetreten, der die Stadtbibliothek hatte 1999 das Deutsch-Niederländische Lesefestival begründet, inzwischen umfasst es mit Belgien drei Länder. Vor der Lesung des Schriftstellers Klaus Modick  erinnerte die neue Bibliotheksleiterin mit dem ersten schmalen Programmheft an den Beginn der Reihe. Aus damals zwölf Lesungen sind im 19. Jahr insgesamt 40 Veranstaltungen an 14 verschiedenen Orten im Drei-Länder-Eck geworden.

 Klaus Modick zeigte sich in seiner Lesung als charmanter und humorvoller Autor.

Klaus Modick zeigte sich in seiner Lesung als charmanter und humorvoller Autor.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Der Auftritt des in Oldenburg lebenden Autors Klaus Modick mit seinem Roman „Keyserlings Geheimnis“ bildete den Auftakt des  Festivals in der Quirinusstadt und bescherte den zahlreichen Gästen einen vergnüglichen, mit intelligentem Humor gespickten Abend. Nach mehreren Dutzend Lesungen quer durch die Republik zeigte sich der 67-Jährige im Gespräch mit Christine Breitschopf vom team der Stadtbibliothek keineswegs müde, sondern als amüsanter, auskunftsfreudiger Erklärer seiner historisch-fiktionalen Erzählung.

Historisch, weil der Dichter und Dandy Eduard Graf von Keyserling im Jahr 1901 tatsächlich den Sommer am Starnberger See verbrachte und dort gemeinsam mit seinen Schwabinger Bohème-Kumpels Max Halbe, Frank Wedekind und Lovis Corinth logierte. Und weil Corinth ihn mit einem bizarren Gemälde porträtierte, das die erste Buchseite ziert und als Original in der Münchner Neuen Pinakothek hängt. Fiktional ist Modicks Roman dort, wo der Autor ein Keyserling nachgesagtes, indes nie enthülltes Geheimnis verrät.

„Es gibt keine Biografie des baltischen Grafen Keyserling, von einer Autobiografie ganz zu schweigen,“ erzählte Klaus Modick. Die von Keyserling angeordnete Vernichtung seines gesamten Nachlasses habe ihm als Schriftsteller „Carte Blanche“ für seinen Roman gegeben. Zu seiner Zeit galt der Graf wohl mit seinen Büchern als „harmloser Unterhaltungsonkel für adlige Damen und höhere Töchter, eine Art Rosamunde Pilcher der Jahrhundertwende.“ Modick aber ist von dessen Werk, vor allem von seiner Sprache, fasziniert: „Egal, was man so sagt heutzutage – für mich bleibt Eduard von Keyserling der ewige Geheimtipp.“

Als er in einem Keyserling-Roman den Begriff „noble Edelfäule“ als Beschreibung dekadenter Blaublüter fand, wusste er: „Ich muss meinen Roman so schreiben, als wäre er von ihm selbst.“ Und so tat er es. Ein Beispiel: Zum Abitur schenkte sein Vater dem jungen Eduard seinen Spazierstock mit nackter Nymphe im Knauf und kommentierte: „Das ist der Handharem des Flaneurs“.

 Eduards Vater war ein Prachtbeispiel jenes Kurländischen Adels, ansässig im heutigen Estland und Lettland, der als Teil des Deutschen Ordens zur Zeit der Kreuzzüge entstanden war und bis zum Ende des russischen Zarenreiches die deutschsprachige Oberschicht bildete. Inzwischen sind die Keyserlings in alle Welt verstreut. Klaus Modick: „Als ich vor einigen Monaten die Buchpremiere meines Romans im Münchner Literaturhaus feierte, kam nach der Lesung gleich ein knappes Dutzend Nachkommen dieses baltischen Geschlechts auf mich zu und gratulierte.“ 

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