Rmgard Röckert Und Ann Christin Kaup Kinder brauchen Freiraum zum Spielen

Neuss · Die Expertinnen vom Neusser Kinderbüro über den Sinn des freien Spiels, organisierte Freizeit und Freiräume in Neuss.

 Irmgard Röckert (links) und Ann Christin Kaup arbeiten im Kinderbüro der Stadt Neuss.

Irmgard Röckert (links) und Ann Christin Kaup arbeiten im Kinderbüro der Stadt Neuss.

Foto: A. Woitschützke

Frau Röckert, Frau Kaup, was bewegt die Neusser Kinder?

Irmgard Röckert Die meisten Fragen der Kinder betreffen ihren unmittelbaren Lebensraum. Da geht es um den Spielpatz vor der Tür, der vielleicht abgebaut oder renoviert werden muss, oder eine gefährliche Verkehrssituation, mit der die Kinder nicht klar kommen.

Wie finden die Fragen der Kinder Gehör?

Röckert Wir sind ihr Sprachrohr und "übersetzen" ihre Bedürfnisse. Sie können sich einmischen — und sie erfahren, dass mit ihren Anliegen etwas passiert. Einmal im Jahr, 2013 vermutlich im Juni, findet die Kinderversammlung im Rathaus statt, bei der Kinder ihre Probleme direkt dem Bürgermeister präsentieren. Der steht dann Rede und Antwort. Alle Anliegen werden protokolliert und danach in den zuständigen Gremien bearbeitet. Probleme und Ideen, die die Kinder das Jahr über an uns herantragen, leiten wir an die zuständigen Ämter weiter. Ann Christin Kaup Kindern kann man nicht so schnell mit Floskeln kommen — sie erwarten klare Antworten. Unser Job ist es diese zu liefern, etwa in Zahlen. So gibt es in der Stadt 237 Spielplätze für 22 199 Kinder unter 15 Jahren.

Reicht diese Zahl aus?

Röckert Gemessen an der Qualität und Anzahl der Spielflächen und Spielplätze bezeichne ich Neuss als kinderfreundlicher als manch andere Stadt. Kaup Eine gute Infrastruktur für Kinder ist wichtig. Wir achten darauf, Spielplätze zu erhalten, zu renovieren und zu erneuern, die gut erreichbar und stark besucht sind. Jährlich haben wir dafür ein Budget von rund 150 000 Euro. Andererseits müssen 2013 eventuell 23 Spielplätze, die wenig frequentiert werden, abgebaut werden. Spielplatzneubauten können wir aktuell leider gar nicht realisieren. Neben den Spielplätzen bieten unsere Kinder- und Jugendeinrichtungen, wie das Geschwister-Scholl-Haus in der Nordstadt, viel Raum zum freien Spiel. Das Spielmobil, das mittlerweile vom Kinderschutzbund organisiert wird, motiviert die Kinder mit einfachen Spielgeräten wie Bällen, Seilen oder Fahrzeugen kreativ zu agieren. In den Ferien organisieren wir Sonderveranstaltungen wie die Kindertheaterreihe "Samstags im Park", die seit mehr als 20 Jahren in den Sommerferien stattfindet — kostenfrei übrigens. Auch das bedeutet kinder- und familienfreundlich.

Wie beeinträchtigen Verkehr und Verdichtung das Spiel von Kindern?

Kaup Mehr Autos und zunehmende Bebauung stören die Kinder und schränken sie ein — das hören wir oft. Andererseits gehören diese Dinge mit zu ihrer Lebenswelt, mit der sich Kinder heute sehr kritisch und artikuliert auseinandersetzen.

Haben Kinder heutzutage neben Schule, Geige lernen, Ballett tanzen, Playstation und Smartphone überhaupt Zeit fürs richtige Spielen?

Kaup Die Medien beeinflussen das Spielverhalten und setzen bei den Kindern heute früh einen Beschäftigungsschwerpunkt. Wir nehmen auch wahr, dass die Freizeit der Kinder heute viel organisierter ist als früher. Schon Babys haben Termine; das nimmt noch zu, wenn die Kinder älter werden. Doch Kinder brauchen Langeweile, um kreativ zu werden, um auf die Idee zu kommen, sich selbst zu beschäftigen. Das freie Spiel kommt bei vielen Kindern heute zu kurz. Im Grunde braucht man Kindern nur drei Dinge an die Hand zu geben, mit denen sie sich einen ganzen Nachmittag lang beschäftigen können. Das berichten diejenigen, die mit dem Spielmobil vor Ort sind. Unsere Aufgabe besteht darin, Räume zu schaffen, wo Kinder ihre Freizeit selbst gestalten können. Viele Spielplätze im Stadtgebiet sind sehr gut besucht. Daran merken wir: Besonders kleine Kinder haben noch immer ein großes Bedürfnis, draußen zu spielen.

(NGZ/ac)
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