Kabarett im RLT Neuss Ein scharfzüngiger Philipp Weber entlarvt die Werbung

Neuss · Als scharfsichtig erwies sich der Kabarettist beim Auftritt in der Reihe „neusspunktacht“ des Rheinischen Landestheaters.

 Philipp Weber hält nicht hinterm Berg mit seiner Meinung über Werbetrailer aller Art.

Philipp Weber hält nicht hinterm Berg mit seiner Meinung über Werbetrailer aller Art.

Foto: Veranstalter

Zum zweiten Mal war der Kabarettist und Autor Philipp Weber (44) in der Kabarettreihe des RLT „neusspunktacht“ zu Gast. Die große Bühne des Theaters kommt ihm dabei sehr entgegen, denn er rast und tanzt wie ein Derwisch unablässig von einem Ende zum andern, nur gelegentlich die einzige Requisite, einen Stuhl, zum Atemholen nutzend. Von gleichem Tempo sind auch seine grotesken Pointen, er redet schnell und ereifert sich schon mal.

Sein neues Programm „Weber No. 5“ heißt nicht nur so, weil es sein fünftes Soloprogramm ist, sondern erneut geht es dem satirischen Verbraucherschützer um Aufklärung, diesmal um Marketing und Werbung. Marketing vernebelt den Verstand des Menschen, regt dafür seine wichtigsten Sinne an: den Blödsinn, Irrsinn und Wahnsinn. meint er. „Der Mensch kauft Dinge, die er nicht braucht, um Leute zu beeindrucken, die er nicht mag!“

Mit miesen Tricks mache uns die Werbung an. 50 Prozent aller Frauen kaufen Parfum für Männer nur, „damit der Fettsack zu Hause riecht wie David Beckham“. Gerade im Hinblick auf Kinder agierten die Lebensmittelkonzerne wie Drogenbosse, „und die Omis sind die Verteiler“. Ganz im Gegensatz zur Parship-Werbung fänden nur 1,5 Prozent der Kunden einen Partner: „Mehr Chancen haben Patienten auf Isolierstationen.“ Längst habe die Politik die Werbung vereinnahmt.

Beim Werbeetat der Bundeswehr empören Philipp Weber die „135 Millionen Euro für die Reparatur eines Segelschiffes. Denn egal, ob Politiker oder Manager, ob AfD oder ADAC oder der Lebenspartner, alle wollen uns ständig etwas andrehen: eine Weltanschauung, einen Lebensstil, eine Diät oder noch ein Kind.“ Natürlich sind auch Kabarettisten nicht immun gegen Werbung. Philipp Weber liebt vor allem Küchengeräte, „die meisten brauche ich allerdings nicht“.

Sehr engen Kontakt pflegt der Entertainer zum Publikum: „Sie müssen sich für meine dummen Witze nicht schämen.“ Der studierte Naturwissenschaftler (Chemie, Biologie) mit gelegentlichen philosophischen Exkursionen hält sich für einen Schöngeist. „Was gibt’s denn da zu lachen?“, fragt er das super mitgehende Publikum. Hat Neuss einen Slogan? Kein Zuruf! Der im Odenwald aufgewachsene Kabarettist nennt Beispiele: „Amorbach trifft mitten ins Herz!“ Oder der Slogan von Kaiserslautern: „Wer uns findet, findet uns gut!“

Zum Schluss hat er noch einen kleinen Trost: „Im Rückblick ist das Leben immer schöner. In 20 Jahren werden Sie diesen Abend genossen haben:“ Dieser Einschätzung widersprach das Publikum aber mit aktuell sehr starkem Applaus.

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