Neuss Kabarett zwischen banal und bitterböse

Neuss · Die 3. Ausgabe der Reihe "Rathauskantine" präsentierte sich als Spiel mit vielen Höhen und Tiefen.

 Jens Spörckmann (l.) und Stefanie Otten in Aktion.

Jens Spörckmann (l.) und Stefanie Otten in Aktion.

Foto: uvw-fotografie.de

Der Anfang erinnert an das Fegefeuer der neueren deutschen Fernsehkultur: Eine Stimme aus dem Off kündigt den pragmatisch-protestantischen Hausmeister Jupp Schwaderath, den Veteran der archivarischen Verwaltungsverwaltung A. Sülheim und die charismatisch-cholerische Koryphäe und Controllerin Simone Strack an. Gemimt von Dennis Prang, Jens Spörckmann und Stefanie Otten führen die Drei von der Stadtverwaltung Neuss in verschiedenen Rollen durch den Abend. Unterstützt werden sie vom Comedy-Duo Anna Warntjen und Karolin Stern.

Wenn es in der dritten Ausgabe der Kabarett-Reihe "Rathauskantine" einen roten Faden gibt, dann diesen: Für die Neusser Stadtverwaltung hat sich hoher Besuch angekündigt: eine Delegation von Herner Amtskollegen. Hausmeister, Archivar und Controllerin sollen die Gäste bespaßen und Neuss von seiner Schokoladenseite präsentieren. Entlang dieser Linie reihen sich viele kleine Episoden, die mal hintergründig und wortwitzig, mal albern und angestrengt sind. Überzeichnete Figuren oder Sätze, die sich mit den Worten Hoeneß, Schweiz und Wurst begnügen, bewegen sich eher in komödiantischen Niederungen.

Stark sind die Sketche immer dann, wenn sie auf aktuelles Geschehen Bezug nehmen. Gelungen ist die bauernschlaue Idee des Archivars. Um Neuss zu einer Stadt von metropoler Bedeutung zu erhöhen, will er einen "Bauverzögerungsantrag" durchbringen. Wenn sich die Neubauten am Hafen und der Ausbau des Nordkanals noch weiter als ohnehin schon verzögern, dazu noch teurer werden als geplant, würde Neuss fortan in einem Atemzug mit Berlin, Hamburg und Stuttgart genannt.

An die große Politik wagt sich das Trio nach der Pause mit einem überdeutlichen Seitenhieb auf die polizeilichen Ermittlungsfehler während der NSU-Mordserie.

Bitterböse ist das Duo Warntjen/Stern als betagtes deutsches Ehepaar auf einer Kaffeefahrt durch Polen: "Aha, heute geht's erst nach Warschau, dann ins KZ, dann Mittagessen." "Wie bitte? Mit leerem Magen sollen wir ins KZ? Naja, vielleicht gibt's dort ja wenigstens leckeren Kuchen." Für die fünf Schauspieler gabs am Ende zwar keinen Kuchen, dafür kräftigen Applaus.

Info Die nächste und letzte Ausgabe der Rathauskantine gibt es am 5., 6. und 7. Juli im Theater am Schlachthof.

(NGZ)
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