Neuss Jetzt haben die Frauen in Neuss das Sagen
Neuss · Als um kurz vor elf Uhr Herbert Napps Büro gestürmt wird, sitzt der Bürgermeister vor einem Aktenberg und tut so, als ob er ein Nickerchen hält. "Wat is denn los mitten in der Nacht", fragt Napp und ergibt sich sofort in sein Schicksal. "Ab heute haben wir das Sagen", erwidern die Frauen der Stadt-und Prinzengarde Neuss und legen dem Ersten Bürger der Stadt Ketten an.
Bevor Napp sich aber von den Närrinnen auf die Bühne am Markt schleppen lässt, zündet er sich im Foyer des Rathauses noch eine Zigarette an und genehmigt sich ein Bierchen.
Am Markt hatten sich bei Nieselregen und Temperaturen um sechs Grad mehrere hundert Narren versammelt, um sich das Spektakel auf der Bühne anzuschauen. "Ich knutsch jetzt erst mal den Bürgermeister. Einverstanden?", rief Novesia Stephanie II. in die Menge. Ursula Etz, Soultana Lottels, Renate Frost und Hiltrud Rixen schauten sich das bunte Treiben lieber bei einer heißen Tasse Kaffee und einem Berliner von einem Café am Markt aus an. "Hier ist es gemütlicher."
Auf der Bühne forderte Karnevalsausschuss-Vorsitzender Jakob Beyen die Jecken auf, "erst mal eine Kerze in der Basilika anzuzünden, damit es beim Kappessonntagszug trocken ist". Schnell kapitulierte der Bürgermeister und übergab den Schlüssel und die Macht an die Frauen. "Das fällt mir überhaupt nicht schwer", sagte Napp. "Zu Hause hat auch meine Frau das Sagen." Anschließend eröffnete Napp zusammen mit Prinz Christian I. mit dem Fassanstich den Straßenkarneval in Neuss. Vom Schmuddelwetter ließen sich die Jecken nicht schrecken. Fröhlich und ausgelassen feierten Hunderte als Vogelscheuche, Clown oder Pirat verkleidet und schunkelten sich bei Musik von "De Knolli's" "De Fetzer" und "De Albatrosse" warm.
