Neuss Islamist verklagt Stadt wegen Pass-Entzug

Neuss · Die Stadt nahm dem Vorsitzenden des als salafistisch eingestuften Vereins "Helfen in Not" den Pass ab, um ihn an einer Syrien-Reise zu hindern. Laut Verfassungsschutz wollte der Neusser dort Sprengstoff in Rettungswagen transportieren.

Neuss: Polizei sperrt islamischen Kulturverein
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Zwei bis drei Mal im Jahr zieht das Ausländeramt der Stadt Neuss Reisepässe ein und verhängt zur Verhinderung möglicher Straftaten Ausreiseverbote. Selten hört man von solchen Maßnahmen weil sie, wie der Beigeordnete Stefan Hahn erklärt, nicht vor Gericht kommen. Der Neusser Bekir A., der von den Sicherheitsbehörden der islamistischen Szene zugerechnet wird, hat sich anders entschieden. Er hat die Stadt verklagt und will sie zwingen, heute vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf die Gründe ihrer Entscheidung offen zu legen. Sein Mandant habe einen Rehabilitationsanspruch, sagt der Kölner Anwalt Hans-Werner Odendahl. Das sieht Hahn anders.

Grundlage für den Passentzug im Sommer 2013 waren nach Hahns Angaben "sehr deutliche Hinweise" des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Das hatte einen Anruf von A. abgehört aus dem zu entnehmen gewesen sein soll, dass der Neusser mit einem Hilfstransport Sprengstoff nach Syrien schaffen würde. Aus Sicht der Stadt erfüllte dieser Hinweis die Voraussetzung für den Entzug des Reisepasses und die Verhängung eines Ausreiseverbotes. Denn A. plante etwas, was die innere oder äußere Sicherheit Deutschlands gefährden könnte.

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Foto: afp, FETHI BELAID

Hans-Werner Odendahl reicht das nicht: "Ein Geheimdienst hat ein Gefühl - und schon werden die Grundrechte beschnitten?", fragt er. Für ihn ist Bekir A. an einem Hilfstransport nach Syrien gehindert worden. Dass das im Wiederholungsfall nicht wieder vorkommt, ist ein zweites Ziel der Klage.

Bekir A. ist Vorsitzender des islamischen Kulturvereins, der bis vor einigen Monaten an der Bonhoeffer-Straße residierte und vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Ein Grund waren Auftritte islamistischer Prediger dort. A. war aber auch in Personalunion Vorsitzender des Vereins "Helfen in Not", den der Verfassungsschutz als "extremistische salafistische Bestrebung" einstuft und der zu den drei muslimischen Hilfsorganisationen in Nordrhein-Westfalen zählt, deren Verbot Innenminister Ralph Jäger erwägt.

Dieser Verein hatte im Sommer 2013 Aufsehen erregt, als er im Bundesgebiet ausrangierte Rettungswagen aufkaufte und von Weckhoven aus nach Syrien schickte. Filme auf der Internetplattform Youtube, die den Salafisten Sven Lau (Abu Adam) im Sommer 2013 vor der Moschee an der Bonhoeffer-Straße zeigen, aber auch von einem Landtransport dieser RTW nach Syrien dokumentieren diese Aktivitäten. Und es finden sich Hinweise im Internet, dass solche Krankenwagen für Sprengstoffanschläge missbraucht wurden. In dieser Zeit wurde auch Bekir A. auf Veranlassung der Stadt in Neuss festgehalten.

Eingezogen wurde der Pass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, wie Hahn betont, nur für dreieinhalb Monate. Bekir A. wollte diese Maßnahme im Eilverfahren beanstanden, drang damit aber nicht durch. Heute nun wird der Fall erstmals im so genannten Hauptsacheverfahren verhandelt. Die Stadt Neuss wird dabei nur als Beklagte durch eine Mitarbeiterin des Ausländeramtes vertreten, weil es, so Hahn, ja nur um "eine rein administrative Fragestellung geht."

Info Die Verhandlung ist öffentlich und beginnt um 9.30 Uhr im Saal V des Verwaltungsgerichtes, Bastionstraße 39.

(NGZ)
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