Innenstadt Im Schatten von St. Quirin
Neuss · Die Neusser Innenstadt lebt vom Spannungsbogen, den Einkaufsstraßen und Parkanlagen bilden. Nur wenige Meter trennen den Hauptstraßenzug mit seinen Geschäften vom Grün der Promenade und dem Stadtgarten.

Stadtteilserie: Wir in der Innenstadt
Eva Stullich mag Neuss. "Die Stadt ist überschaubar", sagt sie, die in Oberkassel wohnt, aber regelmäßig durch den Hauptstraßenzug schlendert. Küchen Helten sei als Fachgeschäft "spitze" und Tonis Pasta in der "Emiliana" am Münsterplatz "eine Sünde wert". Stullich drückt als Besucherin in einem Wort aus, was viele Neusser an ihrer Stadt schätzen: Überschaubarkeit. Gemeint ist damit eine bauliche Maßstäblichkeit aber auch eine vertraute, "überschaubare" Gemeinschaft, in der Anonymität wie in einem Dorf aufgehoben wird. "Ich treffe immer Bekannte, mit den ich erzählen kann", sagt Adolf Schätzlein. Für den Further gehört der Gang über den Markt zum Ritual am Samstag: "Man kennt sich!"
Diese etwas betuliche Kleinteiligkeit, versuchen die Neusser vermehrt mit großstädtischen Angeboten zu mischen. Als Paradebeispiel dient der Markt, der sich — von Autos befreit — zur Großterrasse und zum In-Treff gerade auch für junge Leute entwickelt hat — sehen und gesehen werden. Während sich vor den Toren der Stadt der Einkaufs-Tempel Rheinparkcenter positioniert, öffnen in der City kleinere Läden. Insbesondere die Neustraße, die Krämerstraße und auch die Münsterstraße entwickeln dadurch eine intimere Atmosphäre.
Diesen Trend will der Verein Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss (ZIN) verstärken. Gemeinsam gehen Einzelhändler, Dienstleister, Freiberufler und Immobilienbesitzer kleine Schritte der (Qualitäts-) Verbesserung, die in der Summe Neuss attraktiver machen sollen. Zu den ZIN-Erfolgen zählt Vorsitzender Christoph Napp-Saarbourg das Projekt "Neuss nimmt Platz". 53 Holzbänke stehen seit Beginn des Frühjahres bereit, um Passanten das Verweilen zu erleichtern. Junge und alte Menschen nutzen das Angebot. "Ein Traum", sagt Napp-Saarbourg, "mit kleinem Aufwand haben wir einen großen Effekt erzielt." Knapp 6000 Euro hat der Verein investiert. Beschädigungen sind bisher nicht zu beklagen.
Neuss erschließt sich den Besuchern — und manchen Einheimischen — erst auf den zweiten Blick. "Neuss ist eine grüne Stadt", sagt Herbert Balzer, der an der Hochstraße lebt. Er denkt dabei natürlich an den nahen Stadtgarten, aber auch an die großen Innenhöfe der innerstädtischen Karrees, die vielfach grüne Oasen sind. Wenn Herbert Balzer vom Balkon schaut, lebt er im Idyll — mitten in der Stadt.
Eine grüne Achse quert Neuss entlang des Nordkanals von der Stadthalle bis hin zum Jröne Meerke im Norden. Ein grüner Zweig begleitet den Erftmühlengraben vom Rosengarten bis zum Platz am Niedertor. Wie viele Grünanlagen Neuss immer noch hat, wird vor allem aus der Luft deutlich — aber auch diese Orte erschließen sich vor allem dem, der zu Fuß geht.