Interview Jürgen Brautmeier "Ich kann ohne Eigeninteressen agieren"

Neuss · Der neue Parteivorsitzende über sein Amt, die Erwartung an Kandidaten für den Rat und die Verwurzelung der CDU in der Gesellschaft.

 Jürgen Brautmeier: "Wenn sich die Falschen melden, wird man das denen klar sagen müssen."

Jürgen Brautmeier: "Wenn sich die Falschen melden, wird man das denen klar sagen müssen."

Foto: A. Woitschützke

Herr Brautmeier, als neuer Parteivorsitzender haben Sie gesagt, keine weiteren Ambitionen auf Posten oder Mandate zu hegen. Wie viel Unabhängigkeit verschafft Ihnen das?

Jürgen Brautmeier Das ist die Voraussetzung dafür, dass ich unabhängig bin. Dass ich ohne Eigeninteressen agieren kann. Und weil ich auch mit keinen Gruppen oder Seilschaften verbandelt bin, kann ich mir erlauben, rein an der Sache - oder an Personen und ihren Kompetenzen - orientiert zu handeln. Das nenne ich Unabhängigkeit.

Eines der drei Ziele, denen Sie Priorität einräumen, ist die Suche nach Kandidaten für den Rat und das Bürgermeisteramt. Wie wollen Sie das angehen und moderieren?

Brautmeier Wir - also der Vorstand und ich - kommen sicher mit keiner fertigen Liste, die alternativlos ist. Den Weg werde ich schon in der nächsten Vorstandssitzung diskutieren. Denn die Kandidaten müssen unter Umständen noch aufgebaut werden. Also, ich lade dazu ein, mir oder dem Vorstand Vorschläge zu machen. Gleichzeitig schaue ich mich selber um. Ich möchte ein transparentes Verfahren, denn am Ende hat die Mitgliederversammlung das letzte Wort.

Sie sprechen aber auch von Blessuren, die Sie Bewerbern zufügen müssen. Wie brutal müssen Sie sein?

Brautmeier Zur Not - und wenn sich die Falschen melden - wird man dies denen auch klar sagen müssen. Nicht unbedingt öffentlich, aber doch so deutlich, dass zum Schluss eine überzeugende Mannschaft antreten kann.

Was wären denn die Falschen?

Brautmeier Bewerber, die nicht die richtige Motivation haben, die nicht etwas einbringen, sondern nur für sich etwas herausholen wollen.

In Ihrer Analyse der Partei kommen Sie zu dem Schluss, dass die Generation der Mitte 30- bis Mitte 50-Jährigen unterrepräsentiert ist - was ja nicht für alle Parteien in Neuss gilt. Wie wollen Sie diese Jahrgänge erreichen?

Brautmeier Ich bin froh, dass es bei den Vorstandswahlen schon ein Zeichen in diese Richtung gegeben hat. Die Junge Union hat zum Beispiel alle vier Kandidaten durchgebracht. Das macht doch Hoffnung.

Und mit Natalie Panitz (28) und Andreas Hamacher (35) sind sogar zwei junge Parteifreunde ihre Stellvertreter. Was haben Sie mit denen vor?

Brautmeier Sie in der Tat nach vorne bringen, in dem sie Aufgaben übernehmen, durch die sie öffentlich wahrgenommen werden. Das heißt nicht, dass ich andere aufs Altenteil schicken will. Denn Erfahrung ist genauso wichtig: Die Mischung macht's.

Die CDU war früher stark im vorpolitischen Raum präsent. Kaum ein Vereinsvorsitzender, der nicht auch CDU-Mitglied war. Ist das zuletzt zu wenig gepflegt worden?

Brautmeier Es hat sich auch in dieser Hinsicht einiges in der Gesellschaft geändert. Mir geht es darum, dass die CDU im Alltag nah dran ist, zuhören kann, mitdiskutiert und nicht abgehoben Politik von oben nach unten macht. Und wo erfährt man mehr über die Anliegen der Bürger als dort, wo sie aktiv sind?

Sie wollen die Partei wieder, wie Sie sagen, vom Kopf auf die Füße stellen. Wer will, kann da eine Fundamentalkritik am Vorgänger herauslesen. Haben Sie das auch so gemeint?

Brautmeier Nein. Aber ich sehe dennoch Potenzial, uns mehr als bisher zu öffnen und weniger vom parteipolitischen Denken als von den gesellschaftlichen Notwenigkeiten her Politik zu machen. Politische Willensbildung soll nicht von den Parteien gesteuert, sondern von möglichst vielen mitgestaltet werden.

Macht das Parteien auf Sicht nicht überflüssig?

Brautmeier Nein, denn der Willensbildungsprozess muss organisiert und kanalisiert werden. Und es muss Kräfte geben, die am Ende Politik artikulieren und umsetzen.

Gewählt sind Sie zunächst für zwei Jahre, aber dann steckt die Partei mitten im Wahlkampf. Wie gehen Sie damit um?

Brautmeier Ich habe mir persönlich als Ziel das Jahr 2022 gesetzt, denn vor der Kommunalwahl wäre der Zeitpunkt für einen Wechsel ungünstig. Aber das hängt davon ab, ob die Partei in zwei Jahren mit meiner Arbeit zufrieden ist oder nicht.

Bis dahin werden Sie - nach zwei Wahlkämpfen im Vorjahr - eine dritte Kampagne für die CDU zu gestalten haben. Wie soll die aussehen?

Brautmeier Ich will, dass die Partei durch die Themenfindung und die Kandidaten deutlich macht, dass sie die bestimmende Kraft in der Neusser Politik ist - im Rat und in der Spitze der Verwaltung. Das muss das Ziel der Kampagne sein.

CHRISTOPH KLEINAU STELLTE DIE FRAGEN.

(NGZ)
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