Forum Archiv und Geschichte in Neuss Ein Werber für die Offenheit der Museen

Neuss · Anlässlich des Endes der Belagerung der Stadt durch den Burgunderherzog Karl der Kühne und ihre Befreiung durch Kaiser Friedrich III. im Jahr 1475 war Hermann Parzinger zum Burgundermahl zu Gast, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin.

 Hermann Parzinger (r.), Festredner beim Burgundermahl, wurde vom stellvertretenden Bürgermeister Jörg Geerlings, Stadtarchivar Jens Metzdorf, Kulturdezernentin Christiane Zangs und Martin Flecken (v.l.) begrüßt, dem Vorsitzenden des Forum Archiv und Geschichte.

Hermann Parzinger (r.), Festredner beim Burgundermahl, wurde vom stellvertretenden Bürgermeister Jörg Geerlings, Stadtarchivar Jens Metzdorf, Kulturdezernentin Christiane Zangs und Martin Flecken (v.l.) begrüßt, dem Vorsitzenden des Forum Archiv und Geschichte.

Foto: Judith Michaelis (jumi)

Am Anfang eines jeden Museums steht die Sammlung. Doch der Anstoß dazu kann aus durchaus unterschiedlichen Beweggründen erfolgen. In London etwa dienten die Sammlungen den Bürgern, in Paris den Herrschern und in Berlin der Forschung. Einer, der diese Unterschiede gerne erwähnt und sich mit Fug und Recht zu den Forschern zählen darf, ist Professor Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Der Prähistoriker und Kenner der frühen Menschheitsgeschichte steht damit an der Spitze einer Reihe von Museen, Archiven und Bibliotheken und wünscht sich für sie und ihren Schatz an Kulturgütern nur eines: Dass sie Orte lebendiger Auseinandersetzung mit Geschichte sind.

Schon vor drei Jahren hatte Parzinger die Einladung von Martin Flecken angenommen, als Festredner zum Burgundermahl des Forum Archiv und Geschichte nach Neuss zu kommen, jetzt löste er seine Zusage ein. Anlass für diesen festlichen Abend immer am Vorabend von Fronleichnam ist das Erinnern an das Ende der Belagerung der Stadt durch den Burgunderherzog Karl der Kühne und ihre Befreiung durch Kaiser Friedrich III. im Jahr 1475. Zu den Beständen der Stiftung gehört auch ein Porträt Karls des Kühnen, an dem sich alle späteren Werke orientierten, berichtete Flecken und lieferte so einen Grund, warum eine Einladung an Parzinger ausgesprochen wurde. Der gebürtige Münchner fand einen anderen Bezug, als er das Ende der Belagerung und den Baubeginn für das Berliner Schloss zeitlich zusammenführte.

Die dort zusammengetragenen Kulturgüter wurden – nachdem man sie 1815 Napoleon hatte wieder entreißen können – zum Grundstock für ein erstes Museum in Berlin und zur Keimzelle der Museumsinsel. Nach dem 2002 beschlossenen Wiederaufbau des Schlosses beherbergt es selbst museale Sammlungen – als Humboldtforum. Die schon vor 100 Jahren formulierte Vision, die außereuropäische Kunst gleichberechtigt zu präsentieren, sieht Parzinger in diesem Ensemble verwirklicht. Und er sprach davon so begeistert, dass mancher der gut 80 Zuhörer im Stillen schon Reisepläne für Berlin geschmiedet haben mag. Jörg Geerlings, stellvertretender Bürgermeister und Gründungsmitglied des „Forum Archiv“, nahm diese Anregung gerne mit. „Ich bin inspiriert“, gab er offen zu.

Dass Parzinger in all seinem Werben für eine Offenheit der Museen (übrigens auch gegenüber Restitutionsforderungen) auch die Archive betonte, war mehr als eine Artigkeit gegenüber dem Stadtarchiv und seinem Förderverein. Denn schriftliche Kultur, sagte Parzinger, sei elementar für jede Gesellschaft, um Geschichte (wieder)zubeleben. Christoph Kleinau

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