In der Neusser Innenstadt Hansefest zeigt zwei Gesichter
Neuss · Die Veranstalter können in diesem Jahr nur zu 50 Prozent zufrieden sein. Füllten am Samstag noch zahlreiche Besucher die Innenstadt, war das große Fest am Sonntag wegen des Regenwetters eher schwach besucht.
„Wolken, Wind und Wogen“ – kräftig schmetternd sang der Marine-Chor Neuss zur Eröffnung auf der Bühne am Markt. Er machte deutlich, dass die Stadt eine große Vergangenheit und eine sehr lebendige händlerische und völkerverbindende Gegenwart auf dem Wasser hat. Wasser sollte auch am Sonntag eine große Rolle spielen, doch dazu später mehr.
Dann kam der offizielle Teil mit den Hauptakteuren. Das sind Sven Schümann, erster stellvertretender Bürgermeister, Georg Meyer (Zukunftsinitiative Innenstadt), Angelika Quiring-Perl, Hansebeauftragte der Stadt Neuss, und Rachid Hamdaoui von der Jugendhanse. Wie der Blick in die Runde bewies, war zum Neusser Hansefest ein großes Programm aufgeboten. Der Büchel war dicht, keine Straßenbahn fuhr dort für zwei Tage, und die Straße war links und rechts gesäumt von Informations- und Verkaufsständen.
So kurz nach dem Bürger- und Schützenfest hatte die Stadt wieder eine Gelegenheit, sich selbst zu feiern. „Hier wird die Hanse gelebt“, betonte Sven Schümann, und Georg Meyer ergänzte: „Neuss ist Hanse- und Hafenstadt. Wichtig ist für uns das Miteinander.“
Beim Thema Ein- und Verkaufen ist sofort wieder die Hanse im Spiel. Denn genau der Handel über weite Grenzen hinaus war ihr Metier. Am Wochenende kündeten davon neun Städte, die einst zu diesem europaweit florierenden Handelsbund gehörten: Neuss, Wesel, Kalkar, Emmerich, Rheine, Brilon, Salzwedel, Stralsund und – mit einem gehörigen exotischen Touch – das russische Pskow. Alle zusammen bildeten ein buntes Kaleidoskop ihrer Spezialitäten. Wer mochte, bekam auch Ausgefallenes ins Glas oder auf den Teller.
Weil Pskow im kommenden Jahr den internationalen Hansetag ausrichtet (Neuss ist damit 2022 an der Reihe), galt dieser malerischen und geschichtsträchtigen russischen Stadt die ganz besondere Aufmerksamkeit. In ihren farbenprächtigen Kleidern spielten Pskowsker Musikanten schwungvolle heimische Weisen auf. Eine davon, Irina Musijtschuk, machte mit ihren Beschreibungen von Pkow neugierig auf diese Stadt südlich von St. Petersburg.
Zumindest am Samstag spielte das Wetter wunderbar mit. Am Sonntag, an dem die Geschäfte in der Innenstadt geöffnet waren, war es erheblich ungemütlicher. Nach Angaben vom ZIN-Vorsitzenden Christoph Napp-Saarbourg habe der Einzelhandel zwar unter dem schlechten Wetter gelitten, „aber es waren mehr Leute unterwegs als erwartet“, so der Apotheker.
Denn für Wetterfeste gab es auch am Sonntag etwas zu entdecken – wenn er beispielsweise am Stand des Segelschulschiffs „Alexander von Humboldt“ oder des Wassersportvereins „Pulchra Amphora“ sowie der Deutschen Seenotrettung den Spuren der Hanse folgte. Spektakulären Sport bot der „Tae Kwon Do Club Neuss“, und eindrucksvoll traten Cheerleader der Neuss Legions auf. Schließlich hat Novaesium – und das noch weit vor dem Handel und Wandel der Hanse – eine große römische Geschichte.
An nahezu allen Ecken und Enden der Stadt gehörte sämtliches Geschehen an diesem Wochenende jedenfalls der Hanse. Angelika Quiring-Perl stellte besonders heraus, dass die Jugend dabei mit von der Partie war. Zum Gesamtgeschehen noch zwei Zufallsbegegnungen mit Neusser Bürgern: Josef Driesen fand es „schön, dass wir hier so etwas haben“, und Renate L. gefiel vor allem die russische Musik.