Neuss Großer Andrang bei "Neuer Musik"

Neuss · Das aus Rumänien stammende Arcadia String Quartet war beim Festival "Hombroich: Musik" zu Gast.

 Mit dem Arcadia String Quartet war eines jener jungen Ensembles auf der Museumsinsel zu Gast, denen die Zukunft gehört.

Mit dem Arcadia String Quartet war eines jener jungen Ensembles auf der Museumsinsel zu Gast, denen die Zukunft gehört.

Foto: Arcadia

Zeitgenössische Musik (über)fordert Liebhaber zumeist. Dennoch hat sich die Museumsinsel Hombroich mit ihrer Reihe "Neue Musik" längst zu einem deutschen Zentrum aktuellster Musikkultur entwickelt.

Dafür spricht zweierlei: Die Liste der Uraufführungen und Kompositionsaufträge ist beträchtlich, ebenso wie die Anzahl der auf Horizonte Erweiterndes (neu)gierigen Zuhörer. Der gute Besucherandrang am vergangenen Wochenende in der Veranstaltungshalle der Raketenstation aber überraschte sogar den Kulturreferenten der Stadt Neuss, Rainer Wiertz.

Und weil Hombroich ja längst zum Gipfel der Kammermusik-Königsdisziplin – dem Streichquartett – geworden ist, war mit dem Arcadia Quartett wiederum eines jener jungen Ensembles zu Gast, denen die Zukunft gehört. Das 2005 an der "Gheorghe Dima"-Musikakademie in Clunj (Rumänien) gegründete Quartett hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Aufwärtstrend hingelegt und vor allem mit Mendelssohn- und Brahms-Interpretationen etliche Preise gewonnen.

Aber auch an die Neue Musik geht das Ensemble mit Ana Török und R?svan Dumitru (Violine), Traian Boala (Viola) und Zsolt Török (Violoncello) mit leidenschaftlicher Hingabe heran und sorgt für Neuentdeckungen. Die "Accents Antiques" für Streichquartett, die der 1954 in Bautzen geborene (und in Neuss anwesende) Sorbe Juro Metsk geschrieben hat, sind ein fünfsätziges, dabei nahtlos ineinander übergehendes Beziehungshoroskop. Ein vitales Scherzo mit markantem Dreierschlag wird umrahmt von schnellen Sätzen.

Schade, dass die moderne Harmonik im Anfangs- und Schlusssatz so unendlich traurig klingt. Expressiv unterbricht Adrian Pop seinen 2011 komponierten Torso für Streichquartett "Seide und Metall" mit wunderschönen Kantilenen, die samtweich schmeicheln, aber von schrill-schimmerndem Metallica korrumpiert werden. Das Quartett lieferte hier in mitreißender Dynamik und veritablen Spannungsbogen ein mitreißendes Zusammenspiel.

Dagegen wirkte das "Streichquartett VI" des Klangexzentrikers Christoph Staude vor allem in den ruhigen Passagen sehr spröde. Der seit 1994 auf der Museumsinsel lebende Komponist ist Begründer und Kurator der Reihe "Hombroich: Neue Musik". Ihm ist eine großartige Begegnung am Sonntagmorgen zu danken: Der vor 85 Jahren in Santiago de Chile geborene Komponist Juan Allende Blin erzählte im Gespräch mit Christoph Staude höchst vital von inspirierenden Begegnungen. Da musste verblüffen, dass seine auf der Raketenstation von Annette Elster (Sopran) und Christoph Staude (am Flügel) aufgeführten Werke wie "Berliner Nachtstücke" große Melodramen in der Tradition des Sprechgesangs waren.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort