Neuss Großaufgebot für Bombenentschärfung

Neuss · Noch nie mussten mehr Menschen von Rettungskräften in Sicherheit gebracht, nie mehr Zufahrtsstraßen gesperrt werden als gestern. Das trug zu einer Verzögerung der Bombenentschärfung bei, doch ein Verkehrschaos blieb aus.

 Bevor Jost Leisten und Mike Wehner die Bombe entschärften (r), mussten die Rettungsdienste mehr Einwohner aus der Sicherheitszone bringen, als bei vorherigen Einsätzen (l.). Der Bahnhof war erstmals betroffen. Ab 10.50 Uhr wurden die Bahnsteige geräumt und die Zugänge von der Bundespolizei überwacht.

Bevor Jost Leisten und Mike Wehner die Bombe entschärften (r), mussten die Rettungsdienste mehr Einwohner aus der Sicherheitszone bringen, als bei vorherigen Einsätzen (l.). Der Bahnhof war erstmals betroffen. Ab 10.50 Uhr wurden die Bahnsteige geräumt und die Zugänge von der Bundespolizei überwacht.

Foto: woi

Mit einstündiger Verspätung konnte gestern Vormittag am Ladenzentrum Römerstraße eine amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg unschädlich gemacht werden. Erstmals musste für diese Entschärfung neben wichtigen Ausfallstraßen auch der Hauptbahnhof gesperrt werden. Die Folge war eine, wie die Polizei berichtet, äußerst angespannte Verkehrslage, doch das erwartete Chaos blieb aus.

Denn weil am Ende nicht — wie erwartet — zwei Bomben zu beseitigen waren, konnte die Gladbacher Straße als Entlastungsstrecke offen bleiben.

Die Lage auf den Straßen hatte sich schon eine Stunde nach der Entwarnung wieder entspannt, berichtet Polizeisprecher Hartmut Batz. Die Auswirken auf den Bahnstrecken waren allerdings noch am Nachmittag zu spüren. Dort hatte die Abweichung vom ursprünglichen Zeitplan alle Pläne über den Haufen geworfen, berichtet Helmut Sieben, für Neuss zuständiger Notfall-Manager der Bahn.

Um 10.48 passierte der Regionalexpress nach Hagen als letzter Zug den Neusser Bahnhof, und nach erfolgter Entschärfung sollte der Bahnbetrieb um 12.15 Uhr wieder aufgenommen werden. Doch da hatte Mike Wehner vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung, der unter den Augen seines Kollegen Jost Leisten seinen ersten Blindgänger entschärfte, den Zünder aus der halb-panzerbrechenden Bombe noch nicht herausgedreht.

Damit die weiträumigen Absperrmaßnahmen — insgesamt 49 Zufahrten zum Sicherheitsbereich mussten abgeriegelt werden — den Berufsverkehr möglichst wenig beeinträchtigten, war die Entschärfung auf 11 Uhr angesetzt worden. Aber es gab noch einen anderen Grund: Noch nie mussten mehr Menschen vorher in Sicherheit gebracht werden.

Unter Federführung der Neusser Malteser um Einsatzleiter Tim Gladis boten die Rettungsdienste 202 Helfer für den Transport von alten und behinderten Menschen auf und griffen dabei erstmals auf die Hilfe des Patiententransportzuges zurück, der in den Katastrophenschutzplänen des Landes vorgesehen ist. Um 7.15 Uhr wurde die erste Fahrt gemacht, zum geplanten Sperrtermin um 11 Uhr war dieser Teil noch nicht beendet. 221 Bewohner, darunter 143 aus zwei Altenheimen, wurden zumeist zu der Betreuungsstelle am Marie-Curie-Gymnasiumgebracht. 33 meist bettlägerige Menschen wurden im Johanna-Etienne-Krankenhaus, zehn weitere im Lukaskrankenhaus aufgenommen.

Stefan Reis, Verbindungsmann und Einsatzleiter der Stadtwerke, sprach von einer "einfachen Sperrung", weil alle Strecken Richtung Furth und Kaarst gesperrt wurde. Kritisch wäre die Lage nur geworden, wenn die Sperrung über den Schulschluss hinaus gedauert hätte.

Die Bombe störte auch den Flugverkehr. Wegen eines Notfalls durfte ein Rettungs-Hubschrauber nach 11 Uhr noch in Düsseldorf landen, was zur die Verzögerung beitrug, danach wurde zwölf Maschinen umgeleitet. In einer saß der Ex-Parlamentarier Otto Fricke, der so zum Airport Köln Bonn kam.

(NGZ)
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