Ausstellung in der Alten Post Neuss Grenzenlose Kunst

Neuss · Der Österreicher Gregor Eldarb sieht überall Verbindungen: zwischen Architektur, Malerei, Fotografie und Bildhauerei. Seine Ausstellung in der Alten Post (bis 30. September) zeigt einen Ausschnitt aus seiner Arbeit.

 Der bildende Künstler Gregor Eldarb und der Sprachkünstler Frank Schablewski in der Ausstellung „Some Things Else“ in der Alten Post.

Der bildende Künstler Gregor Eldarb und der Sprachkünstler Frank Schablewski in der Ausstellung „Some Things Else“ in der Alten Post.

Foto: Helga Bittner

Kategorisieren lässt sich Gregor Eldarb nicht. Ist er nun Maler? Oder Bildhauer? Oder Fotograf? „Künstler“ antwortet Eldarb lächelnd. Malerei hat er studiert, an der Akademie für bildende Künste in Wien (wo er heute auch noch lebt), „aber irgendwann die Farbe weggelassen“, erzählt er. Und dennoch: Die Idee des Malerischen ist seinen Arbeiten nie verloren gegangen – das zeigt sich auch in der aktuellen Ausstellung der Alten Post, der Eldarb den Titel „Some Things Else“ gegeben hat. Was wiederum den Sprachkünstler und Autor Frank Schablewski begeistert, denn er hat es mit dem Wort und findet Eldarbs Sprachspielerei über dieses „etwas andere“ großartig: „Es ist nicht das, was du siehst.“

 Gregor Eldarb und Klaus Richter beraten über die letzten Arbeiten, die gerade erst angekommen sind.

Gregor Eldarb und Klaus Richter beraten über die letzten Arbeiten, die gerade erst angekommen sind.

Foto: Helga Bittner

Stimmt. Denn Eldarbs Arbeiten sind Wundertüten. Grafisch aufgebaut, doch aus der Nähe entpuppen sie sich als komplexe Malerei aus Tausenden von kleinen Strichen, die der Künstler mit feiner Feder zu einem Ganzen verbindet. „Schriftzeichen“ sieht etwa ein Mensch wie Schablewski darin, Klaus Richter, Kurator der Schau und Künstlerkollege von Eldarb, die Bewegung in-, um- und miteinander: „Fast wie in einer Waschmaschine.“ So der so hat Eldarb Sprache in grafische Bilder übersetzt, vielfach findet sich Schrift wieder, manchmal ausformuliert als Satz, manchmal auch nur ein Wort, manchmal offensichtlich, manchmal versteckt.

 Mit feinem Strich gemalt: eins der grafischen Bilder von Eldarb.

Mit feinem Strich gemalt: eins der grafischen Bilder von Eldarb.

Foto: Helga Bittner

Und längst nicht alles bleibt bei Eldarb so, wie es am Anfang noch aussieht. Er beginnt ein Bild, sieht darin einen Raum und baut etwas hinein. Vorbild kann etwa sein Wiener Atelier sein, nicht wiedererkennbar, aber von ihm erklärbar. Aus etlichen Einzelstücken baut er Türme, aus Postern entstehen wandgroße Arbeiten und aus einem alten Film das Video-Kunstwerk „Noon Forever“. Letzteres läuft als Loop in einem Extra-Raum in der ersten Etage der Alten Post. Eine schlichte Holzkonstruktion mit schwarzem Tuch, das Blicke abschirmt, aber nicht den Ton. Ganz pragmatisch entstanden, sagt Richter, der auch ein Regalkonstrukt im Foyer nach Eldarbs Angaben baute: Leisten, die auf Nägel liegen und die kleineren Arbeiten des Künstlers tragen. Darunter ist auch eine der ersten, mit der überhaupt alles angefangen hat. Wie unkompliziert und gleichzeitig uneitel Eldarb, der bereits mehrere Stipendien und Auszeichnungen – unter anderem in Brüssel, Bonn und New York – erhalten hat, ist, weiß Richter nicht erst, seit sich die beiden vor zehn Jahren bei einem Symposium in Ostrawa kennengelernt haben: „Seine Bilder kamen gefaltet per Post bei mir an.“

Dass er Eldarb überhaupt ausstellen kann, ist auch bisschen Glück. Denn gerade erst hat der in Polen geborene, in Schweden aufgewachsene Österreicher eine „Residency“ in Brüssel am Wiels/Centre d’Art Contemporain beendet, und Richter konnte Eldarbs Kunstwerke persönlich aus Brüssel abholen. „Noon Forever“ zum Beispiel, ein Video, dass die Belgier so begeistert hat, dass Richter es im Auftrag des Museums zeigen kann.

Eldarb hat den Originalfilm einer radikalen US-Gruppe namens „Diggers“ (1966) förmlich sequentiert und neu zusammengesetzt, indem er die Einzelszenen über Glasplatten spiegelte und zu einem neuen Film (mit teilweise Originalton) zusammensetzte – mit einer verblüffenden 3D-Wirkung.

Auch diese Arbeit zeigt, dass der 47-Jährige keine Grenzen in der Kunst kennt: Er sieht jedes Objekt unter dem Zeichen der Veränderbarkeit, macht keinen Unterschied zwischen Schrift, Bild oder Skulptur, er spielt nicht mit der Illusion, er erzeugt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort