Kreismuseum Zons Goyas Launen

Kreismuseum Zons · Das Kreismuseum Zons zeigt, wie Francisco de Goyas berühmte Graphik-Serie "Los Caprichos" Künstler späterer Epochen zu Umdeutungen inspirierte.

 Museumsleiterin Angelika Riemann erläutert die Beziehungen von Goyas Capricho Nr. 75 zu den entsprechenden Graphiken von Dalí und Hintz.

Museumsleiterin Angelika Riemann erläutert die Beziehungen von Goyas Capricho Nr. 75 zu den entsprechenden Graphiken von Dalí und Hintz.

Foto: b. steingiesser

RHEIN-KREIS NEUSS "Goya ist stets ein großer, oft ein erschreckender Künstler", schrieb Charles Baudelaire über den spanischen Hofmaler des ausgehenden Rokoko. "Er vereint mit der Heiterkeit, dem Frohsinn, der spanischen Satire aus der guten alten Zeit des Cervantes einen viel moderneren Geist." Gerade die bis heute aufrüttelnde Modernität seiner in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts entstandenen Radierungen "Los Caprichos" mag die Ursache dafür sein, dass diese Blätter Künstler nachfolgender Generationen zu eigenen Graphik-Serien inspirierten.

In einer Ausstellung der Stiftung Kulturpflege und Kulturförderung der Sparkasse Neuss, der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland und des Rhein-Kreises Neuss zeigt das Kreismuseum Zons eine Auswahl aus Goyas erster Folge von Radierungen und stellt sie dem auf sie Bezug nehmenden Zyklus von Salvador Dalí aus dem Jahr 1977 sowie demjenigen des in Hülchrath lebenden Künstlers Matthias Hintz von 2006 gegenüber. "Es geht uns nicht darum, im Jahr der Graphik die kompletten Goya-Zyklen auszustellen", sagt Museumsleiterin Angelika Riemann, "vielmehr möchten wir an ausgewählten Beispielen zeigen, wie die Zeichensprache der bildenden Kunst sich mit der Gesellschaft wandelt."

Francisco de Goyas "Caprichos" (Launen, Einfälle), 80 Aquatinta-Radierungen, entlarven die politischen und sozialen Missstände im Spanien um 1800. In starken Hell-Dunkel-Kontrasten werden Intrigen, Korruption, Völlerei, Kuppelei und Prostitution dem Schlaglicht der Satire ausgesetzt, wobei Goya Angehörigen von Adel und Klerus die Gestalt von Eseln oder phantastischen Ungeheuern gibt. Hexe, Eule und Fledermaus verweisen über die Dämonen der Leidenschaft hinaus auf den Aberglauben.

Mit dieser Bildwelt tritt Dalí in Dialog und nimmt durch surrealistische Übersteigerung Akzentverschiebungen vor. Aus dem Hintergrund schälen sich nun in Farbe riesenhafte Tiere, Gesichter oder Körperteile heraus, die sich so organisch in Goyas gespenstische Welt einpassen, als hätten sie zuvor bereits unter dem körnigen Schleier des Aquatinta-Schattens gelauert. Hintz wiederum gesellt Goyas bizarren Gestalten durch collagierte Fotokopien Geschöpfe unserer Zeit hinzu. Er sieht — so Hintz: "Parallelen zu den Konfliktsituationen der Gegenwart, die von militärischer und terroristischer Gewalt sowie wirtschaftlicher Repression geprägt ist." Hintz überzieht seine Collagen mit Wachs. Im Spielraum zwischen Verhüllen und Entlarven liegt heute wie damals der Stoff zur Diskussion.

(RP)
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