Stadt-Porträt Gnadental, ein Stadtteil im Wandel der Zeit

Neuss · Agnes Bremshey hat den Wandel des Stadtteils miterlebt, denn schon seit über 50 Jahren lebt die 88-jährige Seniorin in Gnadental.

 Agnes Bremshey, 88 Im Klosterfeld Gnadental

Agnes Bremshey, 88 Im Klosterfeld Gnadental

Foto: Linda Hammer

Vor 52 Jahren ist Agnes Bremshey mit ihrem Mann in die erste eigene Wohnung gezogen. Bis heute wohnt die 88-Jährige in dem Haus in Gnadental. Hautnah hat sie die Entwicklung des Viertels miterlebt. Als Bremshey 1961 bei ihren Eltern auszog, bekam der Stadtteil seinen heutigen Namen. Der spätere Neusser Oberbürgermeister Herbert Karrenberg gehörte damals zu den Initiatoren eines Ratsantrags zur Namensgebung.

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Foto: Jürgen Brefort

Zurück geht der Name auf das Zisterzienserinnenkloster "vallis gratiae" — Tal der Gnaden. Gegründet wurde das Kloster um das Jahr 1250. Wenige Meter entfernt hatten die Römer bereits um 16 vor Christus das ausgedehnte Legionslager Novaesium errichtet. Und obwohl daraus die Gründung von Neuss hervorgeht, begann die Entwicklung von Gnadental zu einem Viertel erst 1950 aus der kleinen "Grünwegsiedlung" heraus. Heute ist Gandental dicht besiedelt. Agnes Bremshey kann sich aber noch gut daran erinnern, dass es früher anders war: "Damals konnte ich von meiner Haustür aus noch den Berghäuschensweg sehen", sagt sie. Heute ist die Sicht durch zwei mehrgeschossige Häuser verdeckt. "Die wurden erst später gebaut", erinnert sich die 88-Jährige. Gestört habe sie das nie. "Bis heute wohnen hier viele Freundinnen von mir", sagt sie. Denn 1961 verkaufte der Bauverein auch die Nachbarhäuser günstig an junge Familien. "Die Kinder kennen sich hier alle und freuen sich, einander wieder zu sehen", sagt Bremshey. Oft habe man zusammen gefeiert oder gegrillt. Später sei sie mit ihren Freundinnen gemeinsam zum Kaffekränzchen gefahren. Die Jahre zogen ins Land. Kinder wurden geboren, zogen aus, brachten Enkelkinder zur Welt.

Seit einem halben Jahr ist Agnes Bremshey Uroma. Immer wurde Schützenfest gefeiert, manches Haus umgebaut, leere Grundstücke erschlossen. Seit 1971 fährt die Straßenbahn nicht mehr nach Gnadental. "Wir hatten da zum Glück schon ein Auto und der Bus fuhr ja auch", erinnert sich Bremshey. Außerdem sei die gute Versorgung ja die große Stärke des Stadtteils gewesen. "Als wir hier eingezogen sind, mussten wir noch mit Gummistiefeln durch den Matsch gehen", sagt sie. Aber schon damals gab es am Grünen Weg einen Supermarkt, Metzger, Bäcker, Apotheke und Post. Später kam eine Sparkassenfiliale dazu. Heute ist alles über geteerte Straßen zu erreichen. Dafür schließt der Supermarkt im August.

Nachmieter soll ein Matratzengeschäft werden. Eine Postfiliale gibt es längst nicht mehr. Das Ausbluten des Viertels will Bremshey verhindern. Sie sammelt Unterschriften gegen die Schließung des Supermarktes — 260 hat sie schon. "Viele meiner Freunde sind nicht mehr gut zu Fuß", sagt sie. Ohne den Supermarkt um die Ecke werde es schwer, Lebensmittel einzukaufen. Hintergrund ist, dass das Viertel, das 1950 mit vielen junge Familien gestartet war, altert. Das Sozialmonitoring der Stadt weist für den Stadtteil deutlich erhöhte Altersgruppen bei den "über-65-Jährigen" aus. Eine gute Nachricht findet sich darin aber auch: Die Bevölkerungszahl, die jahrelang gesunken war, steigt wieder.

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(NGZ)
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