25 Jahre Janusz-Korczak-Gesamtschule Neuss Das lange Ringen um eine neue Schulform

Neuss · Heute vor 25 Jahren wurde die erste Neusser Gesamtschule nach Janusz-Korczak benannt. Aus diesem Anlass kam auch Ministerpräsident Johannes Rau nach Neuss.

 Festakt am 4. Juni 1993: Ministerpräsident Johannes Rau (2.v.r.) und Polens Botschafter Janusz Reiter (r.) waren die prominentesten Gäste bei der Feier zur Namensgebung. v.l. Schulleiter Burkhard Klaas und Bürgermeister Bertold Reinartz.

Festakt am 4. Juni 1993: Ministerpräsident Johannes Rau (2.v.r.) und Polens Botschafter Janusz Reiter (r.) waren die prominentesten Gäste bei der Feier zur Namensgebung. v.l. Schulleiter Burkhard Klaas und Bürgermeister Bertold Reinartz.

Foto: NGZ/Andreas Woitschützke

„Kinder werden nicht erst zu Menschen – sie sind bereits welche.“ Unter anderem nach diesem Leitsatz von Namenspatron Janusz Korczak sollen die Schüler an der gleichnamigen Gesamtschule unterrichtet werden. Damit gab sich die Schule selber einen hohen Anspruch, den Johannes Rau, damals noch Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, bei seiner Festrede zur Namensgebung am 4. Juni 1993 lobte. Doch dieser Anspruch müsse auch umgesetzt werden. „Der Start war aber nicht ganz unsteinig“, erklärt Achim Fischer, der seit 2006 Schulleiter ist.

Ab 1986 habe es den Kommunen frei gestanden, Gesamtschulen selber zu gründen, erklärt Hans-Jürgen Belke, langjähriger Direktor der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule in Dormagen, der ersten Gesamtschule im Rhein-Kreis, die damals gegründet wurde. Auch in Neuss setzten sich Eltern mit der Gesamtschulinitiative Neuss, kurz GESINE, unter der Federführung des späteren Vorsitzenden des SPD-Stadtverbandes, Benno Jakubassa, für die Gründung einer Gesamtschule in der Stadt ein. Letztendlich gelang das Vorhaben im zweiten Anlauf. Damit startete die erste Neusser Gesamtschule zum Schuljahr 1988/89 am vorläufigen Standort im Gebäude der alten Hauptschule Annostraße mit Burkhard Klaas als Schulleiter, vier Klassen und 14 Lehrern.

Allerdings sei von Anfang an klar gewesen, dass das Gebäude an der Annostraße zu klein ist, erklärt Belke. Der Stadtrat legte schließlich 1989 unter anderem das Theodor-Schwann-Gymnasium am Platz am Niedertor als neuen Standort fest. Das Gebäude teilte sich die neue Gesamtschule noch zwei Jahre mit dem Gymnasium. Dieses musste schließlich 1992 unter großen Protesten einiger Bürger mit dem Marie-Curie-Gymnasium fusionieren. Ein zweiter Standort der Gesamtschule entstand in der Kardinal-von-Galen-Hauptschule an der Schwannstraße.

Mit der Gründung einer zweiten Gesamtschule in Weckhoven kam es dann zu einem Namensproblem. „Die Schulen hießen Gesamtschule 1 und 2 beziehungsweise nach ihrem Standort. Sie mussten ja einen Namen haben“, erklärt Belke. Schließlich hätten die Eltern und Lehrer einstimmig den neuen Namen Janusz Korczak vorgeschlagen – auch mit der Idee eines geistigen Anspruchs und eines besonderen Schulprogramms dahinter.

Der Namensvorschlag stieß bei Rat und Schulkonferenz aber nicht nur auf Zustimmung. Viele hätten wahrscheinlich nicht gewusst, wer dieser Janusz Korczak überhaupt war, vielleicht hatten sie aber auch ein Problem mit seinen pädagogischen Ansichten, vermutet Belke. Schließlich konnte die Schule aber doch am 4. Juni 1993 mit einem feierlichen Festakt benannt werden. Neben dem damaligen Bürgermeister Bertold Reinartz und dem polnischen Botschafter Janusz Reiter war auf Initiative von Jakubassa hin sogar Ministerpräsident Johannes Rau gekommen.

Tatsächlich hat Janusz Korczak auch 25 Jahre nach der Namensgebung einen hohen Stellenwert an der Schule. „Er ist in unserem Schulprogramm sehr präsent“, erklärt Fischer. „Die Namensgebung war stark identitätsstiftend.“ Wie beim Namenspatron gebe es Klassengerichte, in denen die Kinder ihre Probleme selber lösen können. Auch rein optisch ist Janusz Korczak an der Schule zu finden, beispielsweise stehen seine Kinderrechte an Wände in der Schule geschrieben. Auch bei den Schülern sei der Gedanke Korczaks präsent – die Argumente des Namenspatrons seien auch das ein oder andere Mal schon gegen die Lehrer angewendet worden, sagt Fischer und lacht.

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