Neuss Geerlings erobert das Direktmandat zurück

Neuss · Der CDU-Parteivorsitzende Jörg Geerlings hat in seiner dritten Kandidatur für den Landtag einen bemerkenswerten Sieg errungen. 40,2 Prozent der Erststimmen reichten, um das 2012 an die SPD verloren gegangene Mandat mit sechs Prozent Vorsprung (Stand 23.20 Uhr bei 119 von 120 ausgezählten Wahlbezirken) zurück zu holen. Der unterlegen Kandidat Arno Jansen machte für die SPD-Niederlage auch Fehler der Landes-Partei aus.

 Jörg und Marie Florence konnten mit Wahlkampfmanager Jürgen Brautmeier (oben, v.l.) jubeln, Rainer BreuerArnoe Jansen nur trösten. Jörg und Marie Florence konnten mit Wahlkampfmanager Jürgen Brautmeier (oben, v.l.) jubeln, Rainer BreuerArnoe Jansen nur trösten.

Jörg und Marie Florence konnten mit Wahlkampfmanager Jürgen Brautmeier (oben, v.l.) jubeln, Rainer BreuerArnoe Jansen nur trösten. Jörg und Marie Florence konnten mit Wahlkampfmanager Jürgen Brautmeier (oben, v.l.) jubeln, Rainer BreuerArnoe Jansen nur trösten.

Foto: Woitschützke Andreas

Zu den ersten Gratulanten gehörte CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet - und da hatten die Wahllokale noch nicht einmal geöffnet. Per SMS gratulierte der künftige Ministerpräsident des Landes gleich am Samstagmorgen Jörg Geerlings und seiner Frau Marie-Florence zur Geburt ihrer Tochter Sarah-Marie, die um 0.37 Uhr in der Nacht zum Samstag das Licht der Welt erblickte. Für Geerlings war das der Einstieg in ein Wochenende, das gestern Abend mit 40,2 Prozent der Erststimmen und dem Erringen des Neusser Direktmandates für den Landtag gekrönt wurde. "Dieses Wochenende hätte man nicht schöner schreiben können", sagte Geerlings im Drusushof vor feiernden Parteifreunden, seine Frau im Arm. Die hatte das Lukaskrankenhaus nur 24 Stunden nach der Entbindung verlassen: "Ich wollte meinen Mann unterstützen", sagte sie.

Vor fünf Jahren hatte sich Geerlings lange Zeit gelassen, bevor er sich öffentlich zeigte - und er kam schon als Geschlagener. Gestern war er präsent, bevor überhaupt die ersten Zahlen bekannt wurden. Und als sie kamen, war es Geerlings, der in die jubelnde Anhängerschaft rufen konnte: "Endlich ist die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen Geschichte."

Die spannende Frage, ob Jörg Geerlings in seiner dritten Kandidatur für den Landtag das 2012 an die SPD verlorene Landtagsmandat zurückerobern konnte, ließ viele andere Fragen an diesem Wahlsonntag in Neuss in den Hintergrund treten. So konnte fast übersehen werden, dass Michael Fielenbach (FDP) mit 9,5 Prozent der Erststimmen sogar das 2012 als Sensation gefeierte Ergebnis von Hermann-Josef Verfürth von 8,9 Prozent deutlich übertrumpfen konnte. Fielenbach träumte laut von einer Koalition von CDU und FDP auf Landesebene. Die CDU im Land bekäme jetzt eine zweite Chance für ein Modell, das in Neuss lange erfolgreich war. "Die Grünen", sagte er in Richtung der Landespartei wie auch in Richtung des CDU-Koalitionspartners im Stadtrat, "sind nur noch eine Randerscheinung."

Dort herrschte gestern Katzenjammer. Ein Dutzend Parteifreunde hatten die Grünen-Geschäftsstelle aufgesucht, wo gestern sogar die "Geburtstags-Pizza" für den Direktkandidaten Uwe Welskink kalt wurde. "Das Ergebnis ist bitter", sagte die Parteisprecherin Susanne Benary-Höck.

Bei der SPD hatte man dagegen noch etwas Galgenhumor. "Die CDU macht jetzt gute Familienpolitik - und Jörg Geerlings ein Sabbatjahr", witzelte Gisela Hohlmann über den frischgebackenen MdL und Familienvater.

Dessen Partei hatte 2012 für den als Sensation empfundenen Wahlerfolg der SPD bei den - damals vorgezogenen - Landtagswahlen viele Gründe für Geerlings Scheitern geltend gemacht. Erstens: Die geringe Wahlbeteiligung von 57,9 Prozent. Gestern lag sie bei 63,6 Prozent. Zweitens: Das starke Ergebnis des FDP-Bewerbers Verfürth, der Geerlings entscheidende Stimmen gekostet habe. Dieser Effekt blieb gestern aus, obwohl Fielenbach noch besser abschnitt. Drittens: Die politische "Großwetterlage" in NRW. 2012 führte sie dazu, dass die CDU erstmals in ihrer Geschichte in Neuss sogar bei den Zweitstimmen hinter der SPD lag. Gestern war die Großwetterlage anders - und mitentscheidend für den CDU-Erfolg in Neuss.

Bürgermeister Reiner Breuer (SPD), der 2012 in der Alten Post als Sieger der Landtagswahl gefeiert worden war, sagte gestern an gleicher Stelle: "Das Ergebnis von Arno Jansen liegt einige Prozent über dem Parteiergebnis in Neuss." Das sei jedoch nur ein schwacher Trost. Aber, ergänzte der Parteivorsitzende Benno Jakubassa: "Arno ist mit 43 Jahren jung genug, es noch einmal zu versuchen."

Der unterlegene Kandidat selbst gratulierte dem Wahlsieger am Abend telefonisch, noch bevor alle Wahlkreise ausgezählt waren. "Leider hat der Rückenwind aus Düsseldorf gefehlt, um hier die Sensation zu schaffen", sagt Jansen. Dazu hätte es eines Ergebnisses wie 2012 bedurft, als die SPD landesweit 13 Prozent vor der Union lag. Aber die Kampagne der Landes-SPD sei, kritisierte Jansen, "sehr präsidial" gewesen. Und der vom Kanzlerkandidaten erhoffte "Schulz-Effekt"? Der, so Jakubassa, scheine sich verflüchtigt zu haben. "Ich hatte gehofft und geglaubt, er hält bis zum 14. Mai."

(-nau)
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