Neuss Gang durchs Gründerzeitviertel

Neuss · Zu einem Spaziergang durchs "Gründerzeitviertel" laden Neuss Marketing und NGZ am Samstag ein. Dabei geht es neben Baugeschichte auch um dessen Bewahrung dank der Erhaltungssatzung.

 Stefanie Müller vom Amt für Denkmalschutz führt durch das Gründerzeitviertel von Neuss.

Stefanie Müller vom Amt für Denkmalschutz führt durch das Gründerzeitviertel von Neuss.

Foto: woi

Große Teile der mittelalterlichen Bebauung in der Neusser Altstadt fielen den Bombenangriffen während des Zweiten Weltkrieges zum Opfer. "Es ist aber keineswegs so, dass im Krieg 'alles' kaputt gegangen wäre", sagt Stefanie Müller vom Referat für Denkmalschutz, "es gibt sogar ganze Stadtteile, die den Krieg überstanden haben."

Ein besonders schönes Quartier möchte die Architektin, die schon in Bamberg und Köln tätig war, den Teilnehmern der "Neusser Ecken"-Führung am kommenden Samstag zeigen: das Gründerzeitviertel zwischen Drususallee, Liedmann- und Kaiser-Friedrich-Straße, Erft-, Kanal- und Breite Straße. Kaum zu glauben, dass nach Kriegsende ernsthaft darüber nachgedacht wurde, diese wunderbaren historischen Straßenzüge abzureißen, um Platz für großstädtisches Bauen zu schaffen. Immerhin konzentrieren sich in diesem Bezirk rund 250 der insgesamt 300 Baudenkmäler der Neusser Innenstadt. Und die gilt es zu bewahren.

Was nur wenige wissen: Zu diesem Ziel erließ der Rat der Stadt Neuss im Oktober 1978 eine Erhaltungssatzung, die das ganze Ensemble schützt — nicht nur die später unter Denkmalschutz gestellten Einzelgebäude. Denn in NRW wurde das Denkmalschutzgesetz erst 1980 eingeführt. Auf diese und andere interessante Zusammenhänge möchte Müller beim Spaziergang durch dieses sehenswerte Stadtviertel hinweisen.

Als die zunehmende Industrialisierung im Laufe des 19. Jahrhunderts zum wirtschaftlichen Aufschwung führte, wurden die historischen Stadtgrenzen zu eng: Immer mehr Menschen zogen aus dem Umland her; die Stadt wuchs über ihre ehemaligen Mauern hinaus, dehnte sich entlang der Ausfallstraßen aus. Reichere Bürger, die es sich leisten konnten, erwarben nun große Stadtwohnungen oder errichteten Villen, die ihrem neuen Repräsentationsbedürfnis entsprachen.

Das Haus Kanalstraße 2 ist das älteste Gebäude dieser "Gründerzeit" genannten Phase, die etwa von 1870 bis 1910 dauerte. Schmuckformen aus vorausgegangenen Epochen wurden wiederentdeckt und dem Geschmack des Wilhelminischen Zeitalters angepasst. "Je mehr Verzierungen ein Haus aufwies, desto bedeutender war der Bewohner — und ein Erker war natürlich etwas ganz Besonderes", erklärt Stefanie Müller, die Beispiele für denkmalgeschützte Gebäude ebenso zeigen will wie solche Häuser, die es nicht sind.

Bis Ende Oktober laden Neuss Marketing und NGZ alle zwei Wochen zu Aktiv-Touren ein, um den Neussern ihre Stadt näher zu bringen. Zu Fuß oder per Rad erkunden die Teilnehmer bekannte wie verborgene Ecken — teils mit ungewöhnlichem, immer aber spannendem Schwerpunkt und geführt von Kennern der Stadt. Begleitet wird die Reihe von einem Foto-Wettbewerb.

(NGZ/rl)
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