Frühling in der Neusser Nordstadt Ein Kleingartenverein blüht auf

Nordstadt · Das warme Frühlingswetter zieht die Gärtner zurück ins Grün. Auch im heimischen Kleingartenverein werden die Gärten wieder auf Vordermann gebracht. Im KGV Vogelsang werden alle Generationen aktiv.

 Der Vorsitzende des KGV Vogelsang, Gerhard Oehmen, in seiner Gartenparzelle. Insgesamt 44 davon gibt es auf der Anlage, die er seit acht Jahren betreut.

Der Vorsitzende des KGV Vogelsang, Gerhard Oehmen, in seiner Gartenparzelle. Insgesamt 44 davon gibt es auf der Anlage, die er seit acht Jahren betreut.

Foto: Judith Michaelis (jumi)

Man muss sich hier auskennen. Die Nummerierung scheint für Garten-Fremde wahrlos zu sein. Er kennt sich hier aus, schließlich ist er quasi der Chef: Gerhard Oehmen, „Insider nennen mich Hardy“, ist Vorsitzender des Kleingartenvereins (KGV) Vogelsang in der Nordstadt. Der Rentner verbringt seine Freizeit auf der Anlage, mit seiner Frau hat er seit 2003 dort eine eigene Parzelle. Eine große Hollywoodschaukel steht dort sowie Zitronenbäume, die er aus einem Portugal-Urlaub mitgebracht hat. 2014 übernahm der Neusser dann das Steuer im überschaulichen KGV.

Oehmen läuft über die Wege zwischen den kleinen Gärten, schwärmt von den Kirschbäumen am Wegrand, die zartrosa aufblühen und sich über den Weg krümmen. Einige Gartenbesitzer nutzen das sonnige Frühlingswetter aus und arbeiten in ihren Gärtchen, grüßen den Vorsitzenden fröhlich, fragen ihn nach Hilfe oder einem Ratschlag. Gerhard Oehmen sagt: „Jeder Garten hat etwas Eigenes. Es ist so schön, wenn sie verschieden sind.“

Die Kleingartenanlage liegt ruhig an einem Waldstück, an ihr grenzt eine Wohnsiedlung. „Knapp 50 Prozent der Gartenpächter sind auch Anwohner“, sagt Gerhard Oehmen. Insgesamt 44 Gärten bietet die Anlage – alle sind besetzt. „Wir führen auch eine Bewerberliste, falls jetzige Pächter ihren Garten aufgeben. Da stehen momentan aber 70 Leute drauf.“ Die Corona-Lage habe dazu beigetragen, dass die Leute mehr Zeit in ihren Gärten verbracht haben, sagt der 69-Jährige. Nur drei Hobby-Gärtner haben ihre Parzellen seit Ausbruch der Corona-Pandemie aufgegeben. Es folgten aber direkt Nachfolger.

Seit 1965 gibt es diese Kleingartenanlage. Sogar zwei Gründungsmitglieder pflegen bis heute dort ihren Garten, einer der ältesten Mitglieder ist Eduard Kernchen, 94 Jahre alt, und immer noch aktiv in seinem Gärtchen. „Wenn ich den Garten nicht hätte, wäre ich nicht so alt geworden“, sagt Kernchen, „das ist doch die beste Gymnastik.“ Schwungvoll öffnet er das Tor zu seiner Gartenparzelle, zeigt bescheiden seinen kleinen Teich und den Rasen vor dem Waldstück. Seine ist die versteckteste Parzelle, laut Kernchen kommen dort keine Menschen vorbei, „ich könnte hier FKK machen“, scherzt der 94-Jährige. In seinem Garten pflanzt er sämtliche Beeren – aus denen er noch Marmelade macht – und Gemüse. „Das ist mit Sicherheit das gepflegteste Gemüsebeet hier“, findet Gerhard Oehmen.

13 Gartenbesitzer sind über 80 Jahre alt, knapp die Hälfte aller Pächter sei über 60 Jahre alt, sagt der Vorsitzende. Trotzdem finden immer mehr Familien ihren Garten beim KGV Vogelsang. So auch die von Marian Nuic. Der 48-Jährige hat seit vier Jahren den Garten, zuvor war er in einer anderen Kleingartenanlage. „Da war es aber nicht so kinderfreundlich“, sagt er. Seine Tochter Laura ist das jüngste Mitglied im Verein, mit gerade mal eineinhalb Jahren. Der Garten der jungen Familie ist Treffpunkt für die Kinder der Anlage. Fünf Schaukeln gibt es dort, ein Trampolin und ganz viel Spielzeug. Im Sommer sind Nuic, seine Frau und seine Kinder jeden Tag nach der Arbeit im Garten, essen dort, besorgen genug Eis für die Kinder, laden die Nachbarn hin und wieder auf ein Getränk ein. „Alt oder Jung, wir sind hier eine Gemeinschaft.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort