Neuss Fröhlich und fruchtig

Neuss · Die Zuschauer gröhlen und pfeifen im Fußballstadion, die Spieler stehen bewegungslos auf dem Rasen, der Schiedsrichter hält den Ball in den Händen und weiß auch nicht weiter. Da brüllt er in die Masse: "Wollt ihr Verlängerung?" Die Antwort: "Nein!" "Wollt ihr Elfmeterschießen?"

Wieder folgt ein Nein. Und schließlich die Frage: "Was wollt ihr denn?" Ja, und dann skandiert das Publikum: "MA-O-AM, MA-O-AM!" Dieser Spot flimmerte bereits in den siebziger Jahren erfolgreich über den Bildschirm - und er blieb, wird jetzt sogar wieder zu sehen sein -, nur mit einem anderen Schiedsrichter, wie Betriebsleiter Stephan Vollmer mitteilt.

Seit 1982 wird die als fröhlich-fruchtiges Kaubonbon bekannte Süßigkeit in Neuss an der Jülicher Landstraße hergestellt - und geht von dort hinaus in die Welt. 50 Prozent der produzierten Ware wird in Deutschland gekaut, die anderen 50 Prozent vor allem in den skandinavischen Ländern und England. 320 Mitarbeiter sorgen in einem Zweischichtsystem für genügend Nachschub. Das bunt verpackte Naschwerk wird von Neuss in ein Kölner Zentrallager gebracht, von dort wiederum zu den Händlern, gelangt dann in den Einkaufskorb, den Vorratsschrank und schließlich in den Mund. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg.

Und der fängt fast in Neuss an - aber nur fast, denn die Rohprodukte für die aromatisierten Bonbons werden natürlich angeliefert. "Das Grundgemisch ist für alle unsere Produkte erst einmal gleich", erklärt Stephan Vollmer. "Es besteht aus Zucker und Getreideglukose", fährt der Betriebsleiter fort - eine Mischung, die übrigens allen Süßprodukten zugrunde liege. Gut 20 Minuten werden diese beiden Zutaten - sie kommen aus 50-Tonnen-Silos - in einem Kessel vermischt, bevor der "Brei" über ein Rohrsystem weiter geleitet wird. Danach muss die Masse "getrennte Wege gehen".

Zwar benötigen beide noch Gelatine und Pflanzenfett, doch in unterschiedlichen Mengen sowie an unterschiedlichen Stellen der Weiterverarbeitung. So werden der "Würfel", eben die bekannten Maoam-Kaubonbons, die immer zu fünft noch zusätzlich verpackt werden und dann eigentlich eine Quaderform haben, sowie die "Stripes" und "Stixx" aus einer Masse hergestellt. Aus der zweiten, die anders "geschlagen" wird, mehr Luftzufuhr erhält und damit wesentlich softiger wird, entstehen die bunten "Kracher" (1991 noch als "Mao-Mampf" eingeführt und 1993 dann umbenannt), die Pinballs und die Happy-Fruits (weiche Kaubonbons).

Die einzelnen Sorten sind unterschiedlich, jedoch alle in kräftigen Farben verpackt. Den "Klassiker" gibt's meist in der Fünfer-Stange mit den Geschmacksrichtungen Zitrone, Erdbeere, Himbeer, Orange und Cola. Die "Kracher" gibt's nur tütenweise, wobei die "Cola-Kracher" eine eigene Tüte haben, alle anderen Sorten sind kunterbunt gemischt. Stripes und Stixx haben neben den bereits genannten Geschmacksrichtungen noch eine "Apfel-Variante". Und für die, die gern alles einmal ausprobieren wollen, gibt es die Tüte "Mao-Mix", die auch nach Wunsch des Kunden zusammengestellt werden kann, wie Andreas König, Abteilungsleiter Herstellung, erklärt.

Übrigens wird bei Maoam nicht nur gemischt, gekocht, die zähflüssig wirkende Masse gekühlt, geschnitten und portioniert und mit Aromastoffen versehen - es wird dort auch kräftig poliert. Die Kracher nämlich werden, nachdem sie ihre Form aus der wie eine Pizza geformten Kaumasse haben, in eine so genannte Dragee-Trommel geschüttet. Für den Laien sieht sie aus wie ein Betonmischer. Dort werden sie gedreht, wird der entsprechende Farbstoff hinzugefügt und Zucker. Die Zuckerzufuhr wird übrigens per Hand gesteuert.

"Dafür braucht man schon das richtige Augenmaß", sagt Andreas König, "sonst kann man die Ladung wegwerfen." Danach müssen die so durchgerüttelten Kracher erst einmal einen Tag ruhen, bevor sie in den Polierkessel kommen, der sie so glänzend aussehen lässt. Übrigens: Lakritz-Fans sei schon einmal verraten: Bald wird es die "Polierten" auch in Lakritz-Geschmack geben.

Edmund Münster kaufte 1900 das "Düsseldorfer Lakritzenwerk". Lakritz-Produkte standen bis in die dreißiger Jahre im Vordergrund der Produktion, bis Münster 1930 aus dem Ausland die Lizenz für die Produktion eines Kaubonbons mit dem Kunstnamen "Maoam" übernahm. Mit Schreiben vom 21. August 1930 an das Amtsgericht Düsseldorf beantragte Edmund Münster "Musterschutz" für das Erzeugnis "Maoam, Kaubonbon ohne Gummi, aus Zucker, Syrup und anderen Zutaten".

Das Bonbon, so heißt es weiter, sei "in Wachspapier eingepackt, 5 Bonbons bilden ein Päckchen, . . ., 50 Päckchen bilden einen Karton . . ." Ostern 1931 wurde das Kaubonbon den Kunden als Neuheit angeboten. Auch das neu entwickelte Logo tauchte damals zum ersten Mal auf. Nach dem Krieg ging die Produktion sofort wieder weiter. Grundfarbe der Verpackung war ein intensiver Blauton, von dem sich die Fruchtabbildungen plastisch abhoben. Maoam gab es in den Geschmacksrichtungen Zitrone, Erdbeere, Ananas, Apfelsine und Himbeere.

Geworben wurde mit dem Slogan "Am liebsten Münsters Maoam". In den sechziger Jahren erhielt Maoam - wie viele andere Markenartikel auch - ein neues Outfit in einer helleren und freundlichen Aufmachung. Der Verkaufspreis für die Fünfer-Stange lag damals bei 50 Pfennigen. In den siebziger Jahren wurde die Verpackung wieder umgestaltet, der heute noch gültige Slogan "Maoam - fröhlich-fruchtige Kaubonbons" entstand, der Fußball-Stadion-TV-Spot lief über die Bildschirme. Davon gab es übrigens zwei Versionen, eine mit Schiedsrichter Walter Eschweiler.

1982 wurde die Produktionsstätte in Düsseldorf zu klein. Münster zog um nach Neuss an die Jülicher Straße - ins ehemalige Novesia-Werk. Seit 1986 gehört Maoam zur Haribo-Firmengruppe. Die Verpackung wurde wieder modernisiert, mit Früchten, die fröhlich lachende Gesichter zeigen. 2002 tritt das "Maoam-Männchen" auf die Süßwaren-Bühne. In unterschiedlichsten Varianten beschäftigt sich das grüne Kerlchen mit den Früchten, die fast genauso groß sind wie es selbst.

(NGZ)
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