Evakuierung in der Nacht Fliegerbombe in Neuss-Gnadental in der Nacht entschärft

Neuss · Nach dem Fund eines Blindgängers räumten Stadt und Polizei Donnerstagabend Teile von Gnadental. 1850 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen. Auch zwei Hotels und eine Einrichtung für psychisch Kranke war betroffen.

Weltkriegsbombe: Entschärfung in Neuss-Gnadental
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Im Garten eines Abbruchhauses an der Kölner Straße wurde am Donnerstag sechs Meter tief im Erdreich eine britische 10-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Jost Leisten vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung entschied gegen 14 Uhr vor Ort, die Bombe noch am gleichen Tag zu entschärfen.

Gegen 23 Uhr schien das Sperrgebiet geräumt. Dann jedoch tauchten gegen 23.45 Uhr dort wieder Personen auf, die noch in Sicherheit gebracht werden mussten. Dadurch verzögerte sich die Entschärfung bis nach Mitternacht. Um 0.40 Uhr konnte Leisten Entwarnung geben.

"Wir können nicht sagen, dass die Munition im Boden im Lauf der Jahre immer gefährlicher wird, und dann bleibt eine Bombe drei Tage bis zur Entschärfung liegen", erklärt Leisten den engen Zeitplan. Dieser Anspruch, Bomben konsequent noch am Fundtag zu entschärfen, hat sich auch in einer neuen, erst am 14. Januar ausgegebenen Richtlinie der Bezirksregierung niedergeschlagen. Für Feuerwehr, Polizei und Ordnungsdienste war deshalb ein Kraftakt nötig, denn 1850 Menschen mussten am Abend ihre Häuser räumen.

Die Bombe war auf einer Fläche gefunden worden, wo ein Neusser Immobilienunternehmen fünf Reiheneinfamilienhäuser errichten wird. Ein Einschlagkrater auf Luftbildern der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg hatte den Verdacht begründet, dass dort ein Blindgänger im Boden steckt. Die Nachsuche bestätigte dies. Die Bombe, so vermutete Leisten nach einer ersten Untersuchung, würde ihm wenig Kummer machen: "Der Zünder sieht fast aus wie neu."

Während die Maschinerie der Ordnungsbehörden am Nachmittag langsam in Gang kam, erfuhren Anwohner wie Wolfgang Kriesemer erst spät und zum Teil auf Umwegen, dass sie den Abend nicht daheim verbringen würden. Für alle, die nicht wussten wohin, wurde in der Turnhalle der Pestalozzischule im benachbarten Grimlinghausen eine Notunterkunft eingerichtet, wo sich unter anderem der Betreuungsdienst des DRK Neuss um die Evakuierten kümmerte.

Das nahm Paul Neuhäuser, Vorstandssprecher der St.-Augustinus-Kliniken, für die Bewohner des Martinushauses gerne in Anspruch. Zwei Patienten dieser Einrichtung für chronisch psychisch Kranke mussten zwar in andere stationäre Einrichtungen des Klinik-Verbundes verlegt werden, die anderen 22 zogen aber in die Grundschule um.

Ihre beiden Betreuer richteten sich sogar auf eine Übernachtung in der Turnhalle ein. Insgesamt 150 Menschen warteten dort die Entschärfung der Bombe ab. Um 22 Uhr wurde der innere Gefahrenbereich abgeriegelt, um 22.45 Uhr die Autobahn (B 1) zwischen dem Abzweig Neuss-Hafen und der Frings-Brücke gesperrt. Danach erst durften die Feuerwerker ran. Ein Lichtmast mit 6000 Watt Leistung, den der Löschzug Grimlinghausen installiert hatte, sorgte für Lichtverhältnisse fast wie am Tag.

Eine besondere Situation schuf der Bombenfund auch für das Hotel Garni "Marienhof" und das Commundo-Tagungshotel, die beide in der Evakuierungszone lagen. Als Alice Siebert ihre Marienhof-Gäste über die Lage informierte, drehten sich zwei in der Tür um und gingen zurück in ihre Büros, ein paar Überstunden anhäufen.

Andere machten einen Kneipenbummel — "gesponsert" von der Hotelbetreiberin. Großzügig war auch das Commundo-Hotel. Dieter Schlangen, der stellvertretende Direktor, ließ seine Gäste mit dem Taxi nach Grimlinghausen bringen, wo er Räume angemietet hatte. Wieder zurück, wollte er zum Mitternachtssnack einladen.

In Köln soll in der Nacht ebenfalls eine Bombe unschädlich gemacht werden. Sie hat einen Säurezünder und muss deshalb gesprengt werden. Mehr dazu hier.

(rl)
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