Analyse Fehlende Basis ist Grund der FDP-Krise

Neuss · Der Sitzungstermin heute stand lange fest. Dass es eine Krisensitzung werden wird, wissen die Mitglieder des FDP-Vorstandes aber erst seit Samstag. Denn nach der Ankündigung von Rainer J. Reimann, nach dem Debakel auf dem Wahlparteitag des Kreises als Vorsitzender nicht mehr zur Verfügung zu stehen, muss im Vorstand des FDP-Stadtverbandes auch über eine neue Führung nachgedacht werden. Die wird am Dienstag, 11. Februar, gewählt.

Analyse: Fehlende Basis ist Grund der FDP-Krise
Foto: Berns, Lothar (lber)

Zu rechnen war damit nicht, denn noch beim Stadtparteitag der Neusser Liberalen Ende Oktober standen für Reimann drei Dinge fest: Er wollte Vorsitzender bleiben, wollte die Verzahnung von Partei und Fraktion verbessern und dazu Platz zwei der Reserveliste für sich reklamieren, die ihm mit großer Wahrscheinlichkeit eine zweite Amtszeit im Neusser Stadtrat gesichert hätte. Nach seinem Rückzieher wird er von dieser Vorstellung Abstand nehmen müssen. Zu begehrt ist dieser Platz, zu wichtig.

Die Vorbereitungen des Stadtparteitages im Februar, bei dem die Reserveliste für die Kommunalwahl festgezurrt werden wird, begannen am Sonntag. Motor: Schriftführer Malik Riaz Hai Naveed, der in sechs Jahren im Vorsand nun zum vierten Mal mit einem neuen Vorsitzenden konfrontiert wird. Er will eine neue Verlässlichkeit und Kontinuität in der Parteiführung, die der Stadtverband zuletzt in den Jahren genießen konnte, als Heide Broll auf der Brücke stand. Es würde nicht überraschen, wenn er mit dieser Vorarbeit auch ein Visitenkärtchen abgibt, um sich für höhere Aufgeben zu empfehlen. Wenn er mit der Arbeit am Vorstandsvorschlag einer Reserveliste schon die Arbeit des Vorsitzenden macht, dann . . .

Genau diese Vorbereitung eines Wahlparteitages hatte Reimann nicht geleistet. Er war, wie es der einzige FDP-Kreitagsabgeordnete und Reimanns Vor-Vorgänger im Amt, Michael Riedl, formuliert, denen "ins Messer gelaufen", die gesagt haben, der größte FDP-Stadtverband müsse keine Vorabsprachen treffen, um seine Kandidaten für die Reserveliste zur Kreistagswahl durchzusetzen. Ergebnis: Malik Hai unterlag im Wettbewerb um Listenplatz zwei, und so ist mit Wolfgang Köhler der erste Neusser erst auf Platz neun gelistet. Das reicht voraussichtlich nicht für ein Kreistagsmandat. "Das rechne ich mir an", sagt Reimann.

Aber: Wen hätte er durchsetzen sollen? Seit Ende Oktober stehen die Direktkandidaten fest, die sich in den elf Neusser Wahlbezirken für den Kreistag bewerben. Bei diesen muss man jedoch fast durchgängig von Zählkandidaten sprechen, die auf ein Kreistagsmandat gar nicht erpicht sind. Achim Rohde will der Politik nach den Wahlen den Rücken kehren, Hans-Peter Fantini, Heide Broll, Jana Pavlik, aber auch Hermann-Josef Verfürth wollen vor allem in den Rat der Stadt Neuss, wo sich viele mit einem Engagement für den ungeliebten Kreis ohnehin schwer tun. Und Doppelmandate lässt die FDP nicht zu.

Wenn im Wettbewerb die Neusser FDP, die auch nur 22 Mitglieder zur Teilnahme an diesem Parteitag mobilisieren konnte, kein überzeugendes Angebot machen kann, muss das Ergebnis nicht verwundern. Muss man das aber allein dem Vorsitzenden anlasten, der es nicht vermocht hat, für seinen Stadtverband zu mauscheln? Nein, sagt zum Beispiel Verfürth — eine Einzelmeinung. Heute geht es im Vorstand um den Vorsitzenden. Das Problem der Neusser FDP allerdings ist nicht er, sondern der fehlende Unterbau.

(NGZ)
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