Neuss Ex-König wegen Betrug verurteilt

Neuss · Haftstrafe für 85-Jährigen zur Bewährung ausgesetzt. Opfer warten auf ihr Geld.

Die Neusser Schützenkönige - Querschnitt und Spiegelbild der Geschichte. Das stimmt heute mehr denn je, denn jetzt gehört zu dem Kollegium auch ein rechtswirksam verurteilter Betrüger. Das Neusser Amtsgericht verurteilte einen inzwischen 85-jährigen Ex-Korpsführer und Ex-Schützenkönig wegen gewerbsmäßigen Betruges in mehreren Fällen in Abwesenheit, weil zwei Vorladungen krankheitsbedingt nicht Folge geleistet werden konnte, zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten Gefängnis.

Damit ist das strafrechtliche Verfahren, dem Ermittlungen des Dezernates für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vorangegangen waren, abgeschlossen. Aber auch Opfer, die dem Anlagebetrüger in gutem Glauben ihr Geld anvertraut hatten, bekamen in ersten zivilrechtlichen Verfahren vor Gericht Recht. So verurteilte das Landgericht Düsseldorf den Schützen dazu, einer ehemaligen Angestellten, die nach eigenen Angaben seit 2009 ihrem "Geld hinterherläuft", 26 927 Euro und 89 Cent zurückzuzahlen. Plus Zinsen. Ein erster Fall, dem weitere folgen könnten, denn der Kreis der Geprellten ist groß und schließt neben Freunden aus dem Schützenwesen auch die Tochter und den Schwiegersohn des Ex-Königs ein. "Wir haben von diesem Doppelleben nichts gewusst", sagte die Tochter.

Den ersten Ermittlungen der Staatsanwälte lagen zwei Anzeigen zu "Geschäften" aus den Jahren 2008 und 2011 zugrunde. Und schon da wurde die Summe von 100 000 Euro genannt, die veruntreut worden sein sollen. Inzwischen haben einige Opfer untereinander Kontakt und ihre Summen mal zusammengerechnet. Heraus kam ein Betrag, den, so ein um einen Teil seine Alterssicherung gebrachter Grenadier, "man im Leben nicht vertrinken und verfuttern kann." Nicht nur er fragt sich, wo das Geld geblieben ist, denn niemand rechnet damit, dass bei dem Täter viel zu holen sein wird. Der musste sogar seinen eigenen - vergoldeten - Königsorden zu Geld machen. Trotzdem wollen einige Opfer nun über ihre Anwälte eine Zwangsvollstreckung in die Wege leiten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der ehemalige Versicherungsmakler an einer so genannten "Kollegenbörse" teilgenommen hat, über die Geldanlagen für Dritte zu einem Zinssatz möglich waren, der über dem Marktzins liegt. Doch von ihrem so angelegten Geld sahen die "Geschäftspartner" keinen Cent wieder - von den versprochenen 7 bis 8,5 Prozent Zinsen ganz zu schweigen.

Für das Komitee des Neusser Bürgerschützenvereins könnte sich aus den Verurteilungen ein Problem ergeben, denn der 85-Jährige gehört zum elfköpfigen Kreis der Ehrenmitglieder - und trifft bei Feiern als solcher nach wie vor auf jene, die er geprellt hat.

(NGZ)
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