„Literarischer Sommer“ in Neuss Eine Lesung zum Gucken

Neuss · Allein die vielen Zuhörer sprechen dafür, der ersten Lesung vor Kindern beim „Literarischen Sommer“ weitere Auftritte folgen zu lassen. Jaap Robben und Benjamin Leroy fesselten ihre kleinen Zuhörer mit zwei Bildergeschichten.

Die Kita-Kinder müssen noch draußen bleiben. Wirklich? Nein, sie haben nur nicht mitbekommen, dass die Tür zum Veranstaltungsraum in der Stadtbibliothek schon geöffnet ist und toben noch draußen über den Platz. Doch es spricht sich schnell herum, dass die Lesung mit Jaap Robben und Benjamin Leroy gleich losgeht, die vorderen Reihen sind in Windeseile gefüllt. Die Kinder, die in den hinteren landen, maulen ein wenig: Sie können gar nicht genau sehen, was vorne passiert. Natalie Ochmann, in der Bibliothek für den Bereich Kinder- und Jugendbuch zuständig, beruhigt: „Keine Sorge, ihr werdet alles, was gezeichnet wird, auf der großen Leinwand sehen!“

 Jaap Robben (l.) schreibt, und Benjamin Leroy zeichnet. Beide zusammen haben die Kinderbücher „Die Sauerdropse“ und „Plasman“ gemacht.

Jaap Robben (l.) schreibt, und Benjamin Leroy zeichnet. Beide zusammen haben die Kinderbücher „Die Sauerdropse“ und „Plasman“ gemacht.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Wo sonst Erwachsene brav auf den Stühlen sitzen, rekeln sich nun Kinder, im Schnitt fünf Jahre alt. Erwachsene sind nur als Begleiter dabei, geben Anweisungen („in der dritten Reihe ist genug Platz für alle“) und sind ansonsten eher Sichthindernis. Aber zum Glück liest Jaap Robben im Stehen, Illustrator Benjamin Leroy sitzt zwar an einem Zeichentisch, aber ein Beamer wirft an die Wand, was auf dem weißen Papier vor ihm geschieht.

Zum ersten Mal überhaupt gibt es eine Lesung für Kinder beim „Literarischen Sommer“. Ein Experiment, das angesichts der Zuhöhrerzahl sicherlich als gelungen betrachtet werden kann. Kinder sind ein dankbares, aber kein einfaches Publikum, wie auch Jaap Robben schnell merkt. Der Niederländer spricht zwar sehr gut Deutsch, aber mit einem starken Akzent. Erwachsenen fällt es leicht, sich in seine Art, zu sprechen, hineinzuhören; Kinder haben damit offensichtlich mehr Probleme, driften bei der Lesung manches Mal weg.

Doch Robben ist kindererfahren. Und so streut er immer wieder Fragen ein. Nach dem „sauersten Menschen“, den die Kinder kennen („Mein Papa!“ ruft ein Mädchen zum allgemeinen Vergnügen), nach einem ganz besonderen Tag im Leben („Geburtstag! Da gibt es Süßigkeiten und Geschenke!“) oder er lässt sie an seinen Überlegungen teilhaben, in welchem Haus das griesgrämige Brüderpaar Harry und Hubert Sauerdrops wohl wohnt. In einem Haus, in dem oben ein Musiker Geige spielt? Nein, das ist zu nett. In dem Haus mit der Bäckerei unten? Nein, das riecht viel zu lecker. Also kann es nur eines sein, das klein, hässlich und eingezwängt zwischen all den anderen schönen Häusern an der Straße steht.

Da kommt dann Benjamin Leroy (ein Belgier) ins Spiel. Beziehungsweise seine Hand. Denn die schiebt die Häuser zu den Erzählungen von Robben übers Papier, ebenso wie sie einen Fußball durch den Garten der Sauerdrops hüpfen lässt oder die Teile eines Gebiss’ zu merkwürdigen Gebilden formt. Die Kinder haben sichtbar Spaß an dieser Kombination von Lesung, Papierbilderbogen und Live-Zeichnungen, kommentieren lautstark, was sie sehen.  Vermutlich ist es genau dieses Sehen-können, was die Zuhörer auf den Stühlen hält.

Inhaltlich spricht also nichts gegen eine konstante Kinderlesung im Programm des „Literarischen Sommers“. Aber das nächste Mal bitte nicht vor starren Stuhlreihen.

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