Neuss Ein stiller Lenker von feiner Gesinnung

Neuss · Oberstadtdirektor, RWE-Vorstand, Architekt der Stiftung "Cor unum" – Neuss trauert um Franz Josef Schmitt, einen großen Sohn der Stadt.

Oberstadtdirektor, RWE-Vorstand, Architekt der Stiftung "Cor unum" — Neuss trauert um Franz Josef Schmitt, einen großen Sohn der Stadt.

Die Stadt war sein Revier, das er gern mit dem Fahrrad erkundete. So entdeckte er Handlungsbedarf, registrierte Veränderungen, sprach mit den Neussern, deren Meinung ihm immer wichtig war. Wie ein Seismograph bewegte er sich in der Gesellschaft, zu deren herausragenden Denkern und Lenkern er zugleich gehörte. In einem Alter, in dem andere im Lehnstuhl den Ruhestand genießen, begann er ein neues Lebenswerk: Er bündelte als Initiator das karikative Werk der Neusser Augustinerinnen in der Stiftung "Cor unum", die hinter dem Erfolg der St.-Augustinus-Kliniken mit ihren rund 4000 Beschäftigten steht.

Die Stadt und die Neusser müssen künftig ohne ihren ruhenden Pol, weisen Ratgeber und unerschrockenen Mahner auskommen. In der Nacht zum Montag verlor Franz Josef Schmitt den langen Kampf gegen seine heimtückische Krankheit. Er wurde 80 Jahre alt.

Franz Josef Schmitt wurde am 3. März 1932 in Neuss geboren; sein Elternhaus stand an der Erftstraße. Seine Eltern waren der angesehene Neusser Arzt Dr. Franz Schmitt aus Bernkastel-Kues und dessen Ehefrau Josefine, geb. Bacher, aus Osterath. Er war Messdiener und Quirinus-Abiturient, er studierte in Bonn, Köln und München, zunächst Medizin und katholische Theologie, später dann Staats- und Rechtswissenschaften. Die zweite juristische Staatsprüfung legte er 1961 ab. Zwei Jahre arbeitete er im höheren Verwaltungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen.

Ehrenamtlich engagierte er sich in der Jugend- und Sozialarbeit, so im "Bund Neudeutschland", war Vorsitzender im Jugendring und bei der Jungen Union. Sein Engagement führte ihn in die Politik. 1958 trat er der CDU bei; 1961 wurde er in den Stadtrat gewählt. Er wurde Vorsitzender des Jugendwohlfahrtsausschusses und der damalige Sozialplan ging auf seine Initiative zurück.

Bereits im Sommer 1963 wählte ihn der Stadtrat zum Beigeordneten für Jugend, Soziales und Krankenhäuser. Die NGZ porträtierte den Neuen damals unter der Überschrift "Im Sozialem zu Hause". Wenn noch heute von der "sozialen Großstadt" Neuss gesprochen wird, dann geht das zu einem guten Teil auf Franz Josef Schmitt zurück, der in Neuss, der einst schnellstwachsenden Stadt Deutschlands, ein dichtes soziales Netz für die Schwachen der Gesellschaft knüpfte. 22 Jahre stand Schmitt in Diensten der Stadt Neuss, 14 Jahre davon als Oberstadtdirektor. In seine Amtszeit fiel die Kommunale Neugliederung (1975), mit der die Großstadt Neuss ihre Kreisfreiheit verlor. Das schmerzte auch Schmitt.

1985 folgte Franz Josef Schmitt dem Ruf des RWE. Er wechselte in den Vorstand des Energiekonzerns, der damals rund 40 Prozent des Stroms in der Bundesrepublik lieferte. Auf einem rotarischen Kongress in Neuss sah Alfred Herrhausen, der Chef der Deutschen Bank, in Schmitt "eines der größten Talente der deutschen Wirtschaft". 1997 schied Schmitt beim RWE aus und arbeitete fortan als Rechtsanwalt in der Kanzlei Dr. Hüsch & Partner. Mit Heinz Günther Hüsch verband ihn bis zuletzt eine tiefe Freundschaft, die auch familiäre trug: Schmitts Tochter Ursula ist mit Hüsch-Sohn Cornel verheiratet.

Ein Leben lang ließ sich Franz Josef Schmitt von seinem christlichen Glauben und katholischen Prinzipien lenken. Rückhalt fand er in seiner Familie. Auf Wunsch des Verstorbenen wird er im engsten Familienkreis beigesetzt.

(NGZ/rl)
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