Brauchtum im Rhein-Kreis Ein neues Pferd für den Oberst

Neuss · Zehn Jahre hat "Bandit" den Neusser Regimentsoberst getragen, jetzt ist das Pferd tot. Seine Stelle wird "Pizzino" einnehmen, ein Apfelschimmel aus der Zucht von Gut Neuhaus. Er übt auf kleineren Festen für den Einsatz in Neuss.

 Friedhelm Tillmann hat mit "El Basan" (r.) und "Pizzino" zwei Pferde gefunden, die er für den Einsatz beim Neusser Schützenfest geeignet hält und die auch farblich harmonieren. Schließlich sollen sie den Oberst und seien Adjutanten tragen.

Friedhelm Tillmann hat mit "El Basan" (r.) und "Pizzino" zwei Pferde gefunden, die er für den Einsatz beim Neusser Schützenfest geeignet hält und die auch farblich harmonieren. Schließlich sollen sie den Oberst und seien Adjutanten tragen.

Foto: Lothar Berns

Heiner Sandmann ist dabei, mit festem Striegeln Freundschaft zu schließen. Diesen Kontakt, so sagt der Tierarzt und Oberst des Neusser Schützenregimentes, schätzen Pferde mehr als ein gelegentlich zugestecktes "Leckerli". Also bürstet und striegelt er den auf dem Hof "Gut Neuhaus" gezogenen "Pizzino" zweimal in der Woche im Anschluss an die gemeinsamen Reitstunden nach Leibeskräften, damit Pferd und Reiter vertraut miteinander werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung für das, was vor beiden liegt: das Neusser Schützenfest.

Sandmann hätte sich die Mühe gerne erspart, denn in den zehn Jahren zuvor hatte ihn "Bandit" sicher durch den Trubel des Schützenfestes getragen und selbst das stundenlange Stehen während der Parade auf dem Markt geduldig ertragen. Zum Zehnjährigen hatte der Oberst das Pferd sogar mit einem Orden ausgezeichnet. Aber "Bandit", ein 24-jähriger Fuchs, musste eingeschläfert werden, nachdem er sich auf der Winterweide auf Usedom das Bein gebrochen hatte. "Auch für mich ist das ein Verlust", gibt Friedhelm Tillmann offen zu, Besitzer von Gut Neuhaus und des dortigen Gestüts. ",Bandit' war eine Bank" — und hätte seiner Überzeugung nach noch noch zehn Jahre "den Job machen können".

Mit dem Tod von "Bandit" endet auch die Schützenkarriere von "Walker", der genauso lange den Neusser Regimentsadjutanten Volker Schmidtke getragen hatte. Aber er ist ein Fuchs, also von hellbrauner Färbung und mit ebensolchem Behang. "Pizzino" dagegen ist ein Apfelschimmel. Und dass ausgerechnet zum Neusser Schützenfest die Regimentsspitze zwei Pferde unterschiedlicher Farbe reitet, das gibt es nicht bei Friedhelm Tillmann. Also muss auch Schmidtke umsatteln — auf "El Basan", einen Trakehner.

So wie Tillmann nicht jeden auf seine Pferde lässt, so gibt er auch nicht jedes Pferd für das Schützenfest frei. "Die Tiere müssen absolut ruhig und verlässlich sein", stellt er klar. Dazu zählt er "musikfest" ("egal, von welcher Seite die Musik auf den Reiter zukommt"), "schreckfest" aber auch reitbar. Schließlich müsse der Adjutant ja Meldung machen, sagt er. Da kann er kein Pferd gebrauchen, das zwar unter ihm vor sich hindämmert, sich aber nicht in Gang setzen lässt.

Dass mit "Pizzino" und "El Basan" zwei verlässliche Tiere gefunden wurden, daran glaubt Tillmann schon. Aber weil er als Verleiher von Pferden für solche Volksfeste immer auch ein gewisses Risiko trägt, hat er die Pferde langsam aufgebaut. Den Oberst in Kaarst und auf der Furth haben sie schon getragen, am nächsten Wochenende sind sie beim Schützenfest in Nievenheim. Bis dato ohne irgendwelche Zwischenfälle. Aber, so schränkt er ein, "das sind Lebewesen." Ein Restrisiko bleibt.

Nach näherer Beschäftigung mit seinem neuen Pferd hat Heiner Sandmann schon eine Gemeinsamkeit mit dem sechsjährigen "Pizzino" entdeckt. "Der wird von Jahr zu Jahr weißer werden", nennt er ein Rassemerkmal. "Genau wie ich." Wenn das keine Grundlage für eine Freundschaft ist!

(NGZ)
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