Neuss Ein Gefühl wie Zuhause

Neuss · Die französische Sopranistin Karine Polverelli ist Gast beim Konzert der Deutschen Kammerakademie im Quirinusmünster und arbeitet damit zum dritten Mal mit dem Orchester zusammen.

 Die französische Sopranistin Karine Polverelli ist Gast beim Konzert der Deutschen Kammerakademie im Quirinusmünster und arbeitet damit zum dritten Mal mit dem Orchester zusammen.

Die französische Sopranistin Karine Polverelli ist Gast beim Konzert der Deutschen Kammerakademie im Quirinusmünster und arbeitet damit zum dritten Mal mit dem Orchester zusammen.

Foto: NGZ

Allenfalls der Vorname deutet auf ihr Heimatland hin. Beim Nachnamen kann man schon ins Grübeln kommen. Aber Karine Polverelli ist Französin. Pariserin sogar, hat jedoch ein zweites Zuhause in Brüssel und so gar nichts von jenem kapriziösen Wesen, als das man sich eine Französin gerne vorstellt. Höchstens äußerlich, denn die Sopranistin ist zierlich, mit großen braunen Augen in einem aparten Gesicht, das von wuscheligen Locken eingerahmt wird. Aber wenn sie erzählt, dann mit Bedacht — und vor allem perfekt Englisch sprechend, was sie auch von vielen ihrer Landsleute abhebt.

Zum dritten Mal ist die Künstlerin als Solistin bei einem Konzert der Deutschen Kammerakademie (dkn) dabei, lernt nach Rosengarten und Zeughaus nun auch das Münster kennen. Sie liebt es, Spaziergänge durch die Stadt zu machen ("es ist ein bisschen wie ein Nachhausekommen"), aber die Kirche hat sie noch nicht besichtigt. Unter den Musikern des Konzerts am Sonntag Abend dürfte sie damit nicht die einzige sein, denn auch das Neusser Stipendiatenorchester tritt zum ersten Mal im Münster auf — gewissermaßen als Ehrerweisung zum 800-jährigen Bestehen.

Als Schauspielerin begonnen

"Das wird ganz wunderbar", sagt Karine Polverilli und kommt dabei fast verschämt ins Schwärmen. Nicht nur wegen der Werke von Respighi und Fauré, die sie singen wird, sondern vor allem, weil sie das Orchester, seinen Dirigenten Lavard Skou-Larsen und das Neusser Publikum liebt. Wobei das Lob fürs Publikum nicht auf Neuss beschränkt bleibt: "In Deutschland gehen die Menschen mit viel mehr Interesse und Respekt an die Musik heran", sagt sie mit leuchtenden Augen, "sie ist Teil ihrer Kultur und wird mit Genuss aufgenommen.

Für einen Künstler ist einfach wunderschön, wenn er etwas geben kann, was andere gerne haben möchten." Das Urteil über die Reaktionen ihrer Landsleute fällt ungleich härter aus: "In Frankreich wird klassische Musik mehr als Lärm empfunden, und an allem wird kritisiert um der Kritik willen", sagt sie und verzieht das Gesicht für einen Moment zu einer Grimasse.

Dabei hat Karine Polverelli die Liebe zum klassischen Gesang bei sich auch erst spät entdeckt. Als Kind hatte sie zwar Klavierunterricht, aber die ersten Schritte als Künstlerin machte sie am Theater. Als 15-Jährige schon begann sie eine Schauspielausbildung, und sie war noch keine 20, als sie beschloss, in Amerika zum einen Englisch und zum anderen das Tanzen zu lernen, um in Musicals und Musikcomedys zu spielen.

"In Frankreich gibt's die nicht, und wenn, dann sehr schlecht", begründet sie lachend ihren Wagemut. Doch ihre Berufung fand sie, als sie Anfang der 90er Jahre Franco Zeffirellis Verfilmung von Guiseppe Verdis Oper "Othello" mit Placido Domingo sah: "Ich bin ja nicht mit Opernkultur aufgewachsen, aber der Film hat mich total begeistert."

Kammerkonzerte bevorzugt

Also studierte sie Operngesang erst in Boston, dann in New York und formte ihren lyrischen Sopran, für den sie weithin bekannt wurde. Wenn sie allerdings begründet, warum sie der Opernbühne heute lieber den Rücken zukehrt und stattdessen Kammerkonzerte bevorzugt, kommt wieder ein Seitenhieb auf ihre Landsleute. In Frankreich agierten Opernsänger auf der Bühne völlig unnatürlich, "dabei muss man gerade da wahrhaftig sein, während man sich im richtigen Leben auch mal verstecken kann", sagt sie. Und: In der Oper könne man sich seine Partner nicht aussuchen. "Man darf nur machen, was einem gesagt wird, einen Austausch gibt es nicht."

(RP)
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