Neuss Ein Abenteuerroman mit erdachten und realen Menschen

Neuss · Am kommenden Mittwoch liest Steffen Kopetzky beim Literarischen Sommer in der Stadtbibliothek aus seinem Roman "Risiko".

 Steffen Kopetzky liest in der Stadtbibliothek.

Steffen Kopetzky liest in der Stadtbibliothek.

Foto: Marijan Murat

Das Buch ist wahrlich ein Schwergewicht. Fast 750 Seiten stark und mit einer Geschichte gefüllt, die die ganze Welt umspannt und eine ihrer schlimmsten Heimsuchungen: den Ersten Weltkrieg. "Risiko" ist sein Titel, und nicht von ungefähr erinnert er an ein Spiel, das vor allem in den siebziger Jahren beliebt war. Auch in dem Roman von Steffen Koptezky spielt es eine Rolle: Das Große Spiel heißt es da.

Im Mittelpunkt aber steht der Funker Sebastian Stichnote, der mit dem deutschen Kriegsschiff Breslau bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor der albanischen Küste liegt und das Große Spiel kennenlernt, als Wachoffizier Karl Dönitz ihn einführt in die Runde, die sich abends - natürlich geheim - trifft. Stichnote erweist sich als geschickter Stratege, der die anderen überrascht. Denn der Funker ist nicht nur eine guter Techniker, sondern auch ein guter Beobachter und bereit, Wagnisse einzugehen.

Davon profitiert auch der Leser. Denn über Stichnote lernt er die Welt kennen und vor allem ganz andere, fremde Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges. Sie liegen in der Türkei, in Persien und Afghanistan. Denn dorthin verschlägt es Stichnote, als Mitglied einer Expedition, die ihn an den Rand dessen bringt, was er von sich für möglich hielt.

Steffen Kopetzky hat mit seinem neuen Buch den Begriff "Abenteuerroman" neu definiert. Da fehlt kaum etwas, was zum Genre gehört: Liebe, Verrat, Mord, Hinterhalt. Von allem gibt es reichlich - manchmal zu reichlich. Den erdachten Szenen, Situationen und Figuren stehen indes reale Personen und Ereignisse gegenüber: Albert Camus' Familie in Algerien gehört ebenso dazu wie die Erfindung des Heroins. Und Karl Dönitz ist natürlich jener Marineoffizier, den Hitler noch im April 1945 zu seinem Nachfolger und Oberbefehlshaber der Wehrmacht gemacht hat. Die Recherche für das Buch muss immens gewesen sein - zehn Jahre habe er daran gearbeitet, hat Kopetzky denn auch zugegeben. Herausgekommen ist allemal ein Buch, das das Prädikat "Bildungsroman" voll und ganz verdient.

Gleichzeitig liegt in der Allumfassenheit der Geschichte auch ihr Manko. Bei all der Ausführlichkeit, bei der Menge an Namen, historischen Orten und Ereignissen droht der Leser schon mal den Faden zu verlieren. Lange Pausen bei der Lektüre sind nicht zu empfehlen.

Seit knapp zehn Jahren lebt der 1971 geborene Steffen Kopetzky wieder in seinem Geburtsort Pfaffenhofen und engagiert sich dort in der Kommunalpolitik, hat einen Kunstverein mitgegründet. Bis dahin war sein Leben an Abenteuern auch nicht arm. Nach dem Abitur geht er nach Paris, wird Gaststudent an der Sorbonne und Bohemien mit wenig Geld, kommt zurück nach Deutschland, arbeitet als Schlafwagenschaffner und beginnt in München Philosophie zu studieren. 1995 zieht Kopetzky nach Berlin, sein erstes Buch "Eine uneigentliche Reise" macht ihn zum Shooting Star der Literaturszene. Schon sein drittes Buch "Grand Tour" hat mit 730 Seiten einen bemerkenswerten Umfang.. Vier Jahre später ist Schluss mit Berlin, Kopetzky zieht mit seiner Frau und den beiden Kindern zurück in seine alte Heimat. Dort wird er in den Stadtrat gewählt (für die SPD) und arbeitet ehrenamtlich als Kulturreferent. Und schreibt. Bücher wie "Risiko".

Info Steffen Kopetzky: Risiko. Verlag Klett-Cotta 2015, 732 Seiten, 24, 95 Euro, Lesung am Mittwoch um 19.30 Uhr

(hbm)
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