Neuss Ein Abend voller Albernheiten

Neuss · Comedian Ralf Schmitz enttäuschte in der Neusser Stadthalle mit Klassenfahrtshumor. Wirklich Komisches blieb er schuldig.

Für viele anfangs gern gesehene Comedians beginnt der langsame Abstieg, wenn sie sich dazu berufen fühlen, sich alleine mit einem eigenen Stand-Up-Comedy-Programm zu präsentieren. Dass dies bei Ralf Schmitz auch passieren könnte, lässt sich anhand seines aktuellen, bereits dritten Soloprogrammes "Schmitzpiepen" durchaus erahnen.

Wie viele seiner unzähligen Comedy-Kollegen kam Schmitz aus einem TV-Format, in dem er an der Seite anderer Darsteller seine für ihn typischen humoristischen Merkmale voll zur Geltung bringen konnte. Diese sind neben hektischem Gebaren und schnellem Sprachgebrauch vor allem seine Fähigkeiten, spontan, blitzschnell, schlagfertig und meist sehr originell auf unvorhersehbare Situationen zu reagieren.

Aus diesen Gründen gehörte er in dem Improvisations-Format "Schillerstraße" zu einem der besten und unterhaltsamsten Protagonisten. Doch wie schon bei Martin Schneider oder Mirja Boes festzustellen war: Nicht jeder, der in einem guten Team funktioniert, ist auch witzig, wenn er sich alleine auf eine Bühne stellt, um gute zwei Stunden auf Biegen und Brechen lustig zu sein. Dies konnte am Samstag in der Neusser Stadthalle live beobachtet werden.

Schon der Beginn des Programmes war von Hektik gezeichnet: Ein noch in Unterwäsche gekleideter Ralf Schmitz musste in aller Eile seine eigene Bühnendeko aufbauen, nahm dazu Hilfe aus dem Publikum in Anspruch, stolperte in verschiedenen Kostümen über die Bühne und schaffte es schließlich in Jeans und T-Shirt, völlig außer Atem, sein wahres komödiantisches Talent zur vollen Entfaltung zu bringen. Jedenfalls hatte er das vor, doch leider muss ein Ralf Schmitz bereits vor jedem seiner eigenen Witze ziemlich gekünstelt lachen. Natürlich, das ist ansteckend und die meisten Menschen im Saal lachen mit.

So waren im Nu die ersten zehn Minuten des Abends verstrichen, obwohl eigentlich noch nichts wirklich Komisches passiert war. Allenfalls der Klassenfahrtshumor, den Schmitz gegenüber der ersten Reihe des Publikums an den Tag legte, ließ sich als Anlass für die im Saal allgemein vorherrschende Heiterkeit ausmachen.

Da mussten Zuschauer ihren Beruf anhand von Gesten erläutern. Und schon wurde ein Bäcker aufgrund seiner zaghaften Handbewegungen von Schmitz als "schwul" geoutet. Ein Einfall, der vom Publikum dankbar angenommen wurde. So konnte Schmitz weitere zehn Minuten mit immer neuen Darstellungen eines homoerotischen Konditors verplempern.

Dann gab es auch eine eigene Interpretation des Märchens vom Rotkäppchen als Porno. Scheinbar vom Publikum abgestimmt, aber tatsächlich schon vorher festgelegt, sollten Märchen und Genre ausgewählt und dann von Schmitz kombiniert werden. So lag nun der Wolf neben der bekannten Märchenfigur und fragte, ob sie es auch ohne Käppchen tun wolle, und — wie konnte es anders sein — ein schwuler Bäcker spielte auch eine Rolle. Denn wenn ein Ralf Schmitz einmal gemerkt hat, worüber sein Publikum lacht, dann wird darauf herumgeritten, solange es nur irgend geht.

Sein einst bewundernswertes Schillerstraßen-Improvisationstalent kam, und das rettete den Abend, bei einigen Rollenspielchen mit Gästen aus dem Publikum zwar ansatzweise zur Entfaltung, insgesamt jedoch unterscheidet sich Ralf Schmitz in Sachen humoristischer Oberflächlichkeit kaum von Kollegen wie Oliver Pocher, Mario Barth oder Mirja Boes.

(seb)
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