Neuss E-Books sind Tag und Nacht auszuleihen

Neuss · Die Nachfrage nach elektronischen Medien steigt – auch bei der Onleihe der Stadtbibliothek. Sebastian Stratmann kümmert sich um das Internet-Angebot, für das die Verlage in eigener Regie die Lizenzen erteilen.

 Sebastian Stratmann ist selbst ein Zweifach-Nutzer beim Lesen: unterwegs gerne mit dem E-Book-Reader, zu Hause mit dem Buch.

Sebastian Stratmann ist selbst ein Zweifach-Nutzer beim Lesen: unterwegs gerne mit dem E-Book-Reader, zu Hause mit dem Buch.

Foto: Lothar Berns

Die Nachfrage nach elektronischen Medien steigt — auch bei der Onleihe der Stadtbibliothek. Sebastian Stratmann kümmert sich um das Internet-Angebot, für das die Verlage in eigener Regie die Lizenzen erteilen.

Sebastian Stratmann macht es wie so viele andere: Im Urlaub nutzt er ein E-Book, zu Hause bevorzugt er die Papierausgabe. "Manchmal lese ich auch parallel", sagt er lachend, "wenn ich ein Buch unbedingt in einem Rutsch lesen will, dann kaufe ich mir beide Ausgaben — ein E-Book, um es in der Bahn zu lesen, und eine papierausgabe für zu Hause." Stratmann muss schon von Berufs wegen lesen — und eigentlich auch in beiden Formaten. Denn der 35-Jährige ist Lektor und Fachangestellter der Stadtbibliothek und dort zuständig für die Onleihe — die Ausleihe über das Internet für E-Book-Reader, Computer und Tablets.

Ende 2007 hat das Haus am Neumarkt die Onleihe eingeführt. Dass die erste Statistik nur 26 Nutzer mit 52 Ausleihen ausweist, hat indes nur damit zu tun, dass die Onleihe Mitte Dezember gestartet ist, die Zahlen also 2007 nur für einen halben Monat erfasst wurden. Die weiteren Zahlen aber sprechen für sich: 521 Nutzer waren es Ende 2008 (mit 2732 Ausleihen), Ende 2013 werden es mehr als 3000 sein, die sich rund 43 000 Mal ein Medium über das Internet ausgeliehen haben. Das kann ein Buch, aber auch eine elektronische Zeitungsausgabe sein.

Sebastian Stratmann kennt auch die Gründe für den steigenden Erfolg: "Die E-Book-Reader sind immer besser geworden", sagt er, "die ersten waren noch recht langsam." Und: Die Stadtbibliothek hat eine "Les-Bar" mit E-Book-Readern ausgestattet, die mittlerweile gut frequentiert wird. Was dort angeboten wird, bestimmt Sebastian Stratmann. Er organisiert die gesamte Onleihe, ordert das Angebot. Nicht etwa in Form von Büchern, sondern als Lizenzen. Welche Neuerscheinung auf dem Büchermarkt jedoch auch als E-Book freigegeben wird, entscheidet allein der herausgebende Verlag. "Da gibt es anders als bei den gedruckten Exemplaren keine klare Gesetzesgrundlage", sagt Stratmann und erzählt gar von ersten Versuchen eines Verlags, die E-Book-Lizenz für ein Jahr zu befristen. Danach müsste das Buch dann aus der Onleihe gelöscht werden.

Allerdings kann auch Stratmann nicht ganz frei wählen, was er zum Onleihe-Bestand (derzeit knapp 11 900 Medien) hinzufügen will. Fast alle Bibliotheken mit Onleihe arbeiten mit der digibib (Digitale Bibliothek) zusammen, und die packt Warenkörbe von E-Books und anderen Medien und liefert auch die Nutzerzahlen dazu. Belletristik, Reiseführer, aber auch Sachbücher — das sind nach Stratmanns Erfahrungen die Renner unter den elektronischen Medien. Zweimal pro Monat bestellt Stratmann neues Lesefutter, "und ich richte mich schon nach diesen Angeboten", sagt Stratmann, "kann aber bei Bedarf auch austauschen oder mich entscheiden, von einem Buch fünf Lizenzen zu kaufen." Es gebe halt Neuerscheinungen, bei denen die Nachfrage erwartbar groß sei: "Jussi Adler-Olsens Buch ,Erwartung' war so ein Fall", sagt er, "das habe ich gleich fünf Mal gekauft." 3000 E-Book-Exemplare kommen pro Jahr dazu, "teilweise aber eben mit Mehrfach-Lizenzen", sagt Stratmann.

Im Schnitt wird ein elektronisches Medium heute 3,6 Mal ausgeliehen. Und einem Onleihe-Nutzer geht es da nicht anders als einem Bibliotheks-Leser: Wenn ein E-Book ausgeliehen ist, muss er sich auf die Warteliste setzen. Je nach Anzahl der Lizenzen können sich die angezeigten Wartezeiten aber schnell ändern. Stratmann weiß auch nur zu gut, dass die Konkurrenz für Onleihe groß ist. Denn mit einem entsprechenden Ausweis könnte man im Internet jedes andere Onleihe-Angebot nutzen — egal, ob von der Stadtbibliothek Aschaffenburg oder Leipzig. Aber dort wie in Neuss gibt es immer die Begrenzung durch die Lizenzen — und den Etat. "Denn natürlich habe ich nur eine bestimmte Summe zur Verfügung", sagt Stratmann. Derzeit liegt sie bei 26 000 Euro pro Jahr.

Während der Lektor beim Ankauf immerhin einigen Spielraum hat — auf die elektronische Bearbeitung hat er wenig Einfluss. So scheitert eine vorzeitige Rückgabe der elektronischen Bücher ebenso wie eine Verlängerung (Ausleihdauer: zwei Wochen) an technischen Gegebenheiten.

(NGZ)
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