Neuss Drei Männer im Kindergarten

Neuss · Erzieher haben in Kindertageseinrichtungen noch immer Seltenheitswert. Dabei sind nicht nur sie überzeugt, dass Kinder in ihrer Entwicklung männliche Bezugspersonen brauchen. Deshalb soll das Berufsbild aufgewertet werden.

 Christoph Dinter (45) ist einer von nur drei Erziehern in Neuss. Seit 1989 ist er stellvertretender Leiter einer Einrichtung in Weckhoven.

Christoph Dinter (45) ist einer von nur drei Erziehern in Neuss. Seit 1989 ist er stellvertretender Leiter einer Einrichtung in Weckhoven.

Foto: A. Woitschützke

Es gibt eine ganze Reihe von Berufen in denen Männer dominieren. Aber manchmal sieht es genau umgekehrt aus. Da haben es die Männer schwerer, Anerkennung zu finden. Ein Beispiel dafür ist der Beruf des Erziehers.

In Neuss stehen derzeit rund 480 Erzieherinnen nur drei männliche Kollegen gegenüber. Einer von ihnen ist Christoph Dinter, stellvertretender Leiter des Familienzentrums Weckhoven.

Bereits als Jugendlicher war er ehrenamtlich tätig und half bei der Betreuung im Zeltlager mit. "Auch meine Eltern waren in sozialen Berufen tätig, da lag das für mich einfach nahe", erklärt Dinter, der seit 1987 ausgebildeter Erzieher, und seit 1989 in Weckhoven tätig ist.

Den Kontakt zu einer männlichen Bezugsperson hält er für enorm wichtig. "Gerade Jungs sind häufig auffälliger weil ein männlicher Ansprechpartner fehlt", berichtet er aus seiner langjährigen Erfahrung. Aber auch für Mädchen sei es wichtig, nicht nur Betreuung durch Frauen zu erleben.

In der täglichen Arbeit mit den Kindern ist Dinter zudem der erste Ansprechpartner wenn die Kinder Fußball spielen wollen oder mal ein Spielzeug repariert werden muss. Negative Erfahrungen hat der 45 Jahre alte Erzieher durch seine Berufswahl nie gemacht. "Ich erlebe sogar, dass Väter speziell auf mich zukommen um Belange der Kinder mit mir zu besprechen", erzählt Dinter, der zusätzlich das präventive Elterntraining "Palme" anbietet und allein erziehenden Müttern aus seiner Sicht Hilfestellung gibt.

Trotz dieser positiven Bilanz ergreifen wenige Männer den Beruf des Erziehers. "Im Jahr 2009 gab es im Erzieher-Beruf einen Frauenanteil von 98 Prozent — von der Kinderkrippe bis zur Jugendberatung. Wenn man nur Kitas in Betracht zöge, sähe die Bilanz wohl noch schlechter aus", berichtet Gerhard Seiler, Projektleiter des Netzwerkes für Frühkindliche Bildung BIBER. Die Gründe sind einerseits der geringe Verdienst, fehlende Karriereperspektiven, aber auch die historische Entwicklung in der Erziehung, die vor allem Frauensache war. "Inzwischen gibt es aber immer mehr Bildungseinrichtungen, der Beruf des Erziehers soll sogar akademisiert werden. So sollen Anspruch, Anerkennung und Verdienstmöglichkeiten verbessert werden", berichtet Seiler.

Auch Seiler hält männliche Erzieher für die Kindes-Entwicklung für besonders wichtig. Als größte Herausforderung am Erzieherberuf sieht er, dass die Männer rollentypische Aufgaben erledigen, aber auch in der Lage sein müssen, Lieder mit den Kindern zu singen. "Der Beruf des Erziehers ist gerade für den Mann durch Vielseitigkeit geprägt und macht den Job gerade dadurch so interessant", sagt er.

(NGZ)
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