Neuss "Die Wollnys" mit den Wollnys gucken

Neuss · Für die Wollnys aus Neuss ist der Montagabend ein Fernseh-Pflichttermin: Deutschlands bekannteste Großfamilie versammelt sich vor dem Fernseher, um die neueste Folge ihrer Doku-Soap "Die Wollnys" anzusehen. Am Montagabend um 20.15 Uhr zeigt RTL II die fünfte Folge der Show, die die Familie mit den abgedrehten Namen durch den Alltag begleitet.

Das ist Familie Wollny - wer ist wer? Wie lauten die Namen der Kinder?
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Das ist die Großfamilie Wollny

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Foto: Koop

Dieser Montagabend ist ein einziges Ritual: Die ganze Familie ist zu Hause und sitzt am Esstisch vor dem großen Fernseher. Es gibt Kuchen (der darf erst in der Werbung angeschnitten werden) und selbst gemachte Käsechips, die Familie singt erst den selbstgetexteten Wollny-Song, bevor es losgeht. "Es", das ist die aktuelle Folge der RTL-II-Doku-Soap "Die Wollnys" — die, die vor dem Fernseher sitzen, sind die Wollnys selbst. Protokoll eines Fernsehabends mit Deutschlands bekanntester Großfamilie.

20.10 Uhr Nach und nach trudeln alle der acht noch zu Hause wohnenden Kinder im Esszimmer ein. Der Fernsehgast zieht einen Stuhl zurück, will sich setzen. "Warten Sie besser, bis alle da sind", sagt Silvia Wollny. Es gibt feste Plätze an diesem Riesen-Esstisch. "Ohne die geht es nicht", sagt Silvia. Der Fernseher läuft schon, allerdings ohne Ton — im Moment kommt der noch aus einem kleinen Kassettenrekorder neben dem Tisch. Die Wollnys singen den Familien-Song "Bronze, Silber und Gold" von Schlagersänger Wolfgang Petry in der umgedichteten Version. Alle singen (inklusive der Freunde zweier Töchter), beim Refrain wird mitgeklatscht. Das Lied singt die Familie vor jedem Abendessen, sagt die Großfamilien-Mutter. "Weil es für uns das Wichtigste ist, dass wir alle zusammen sind." Ironisch meint das hier niemand.

20.14 Uhr Die Nachrichten, die diesen Namen kaum verdient haben, sind vorbei. ",Viel Spaß mit den Wollnys' hat der Sprecher gerade gesagt — das habe ich von den Lippen gelesen", sagt Estefania, die direkt vor dem Fernseher sitzt und ein bisschen hibbelig ist. Sie ist nicht die Einzige: "Wir wissen nicht, wie der Sender alles zusammengeschnitten hat", sagt Dieter Wollny. Jede Folge ist für die Laien-Hauptdarsteller eine Überraschung. Oft können sie sich nicht mehr genau erinnern, welche Szenen alle gedreht wurden, wer damals was gesagt hat, was alles Lustiges passiert ist. Rund acht Monate dauern die Dreharbeiten für eine komplette Staffel.

20.15 Uhr Folge vier der Dokusoap beginnt. Bei den Wollnys in Neuss klingelt ein Handy, kurz darauf noch eins. "Telefone aus", sagt Vater Dieter Wollny streng, und es kommt ein bisschen Kinoatmosphäre auf. Störungen bei der eigenen Sendung sind absolut nicht erwünscht. Jedes Quatschen wird rigoros niederge-"pssssst". Quatschen bitte nur hinterher und in der Werbung.

20.30 Uhr Im Fernsehen ist die gesamte Familie gerade damit beschäftigt, Erdbeeren zu pflücken, im heimischen Wohnzimmer schlägt Silvia Wollny die Hände vors Gesicht. "Oh Gott, diese Leggins", sagt sie und stöhnt leise, als sie sich von links nach rechts durch das Erdbeerfeld robben sieht. Mutter Wollny klingt leicht verzweifelt. Die Kinder lachen, ihr Mann versucht zu retten — die Marmelade aus den gesammelten 30 Kilo Erdbeeren sei aber doch verdammt lecker gewesen.

Werbepause Zeit, den Kuchen anzuschneiden. Das Fähnchen, auf dem "Folge vier" steht, bleibt drin, Silvia schneidet drumherum. Heute gibt es einen Kuchen mit Schokoglasur, in der Woche davor Zitronenkuchen. "Immer, worauf die Kinder Lust haben", sagt Silvia Wollny. Die Kinder nicht zu übergehen, das ist für die Eltern bei dem Projekt Den-eigenen-Alltag-verfilmen das Wichtigste. Vor beiden Staffeln haben sie die Kinder gefragt, ob sie Lust hätten, sich von RTL II begleiten zu lassen. Sie hatten. Und sie haben noch immer.

"99,9 Prozent der Reaktionen, die wir bekommen, sind positiv — wir werden sogar oft als Beispiel für soziales Miteinander herangezogen", sagt Dieter. Seine Kinder wissen genau, dass es klare Spielregeln gibt, an die sie sich halten müssen: Selten hört man Kinder so oft "bitte" und "danke" und "Entschuldigung" sagen wie die Wollny-Kinder. Selten sieht man eine Familie, die so echt miteinander ist. Im Fernsehen ist die Familie berühmt geworden, weil acht der elf Wollny-Kinder eigenwillige Namen haben: Sie heißen Calantha, Sylvana, Sarafina, Estefania, Loredana, Sarah Jane, Lavinia, Jeremy-Pascal. Nach den ersten drei Kindern, Jessica, Sascha und Patrick, wollten die Eltern nicht mehr, dass sich bei jedem Rufen drei Kinder umdrehen — also dachten sie sich für die nächsten acht Ungewöhnlicheres aus. Und schafften es damit unter anderem in Stefan Raabs Sendung "TV Total". Ein weiteres Erfolgsgeheimnis der Sendung ist Mutter Silvia. Ihr Unterhaltungswert ist dank ausgeprägter "Kodderschnauze" extrem hoch. Sie redet genau so, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Die blonde Frau aber, die da links von dem Fernsehgast in diesem Neusser Wohnzimmer sitzt, ist allerdings viel ruhiger als man sie erwartet hätte.

21 Uhr Die Werbung ist gleich vorbei. Rechts im Bild ist während des letzten Spots ein Countdown eingeblendet. Laut zählen alle Wollnys die Zahlen mit herunter, bis es weitergeht mit ihrer Show und mit Sarafina und Sylvana, die ein Probetraining bei den Cheerleadern der Neuss Frogs absolvieren. "Jetzt reißt gleich Sarafinas Hose", kräht es von irgendwo im Wohnzimmer. Genau in diesem Moment reißt sie — Sylvana wird erst ein kleines bisschen rot, dann lacht sie am lautesten von allen. Alles, was im Fernsehen gezeigt wird, kommentiert die ganze Familie gnadenlos, dauernd wird gelacht, gefrotzelt, mitgefiebert. Als wären die Wollnys damals gar nicht dabei gewesen. Dabei sind sie die Hauptdarsteller.

21.10 Uhr Still wird es im Wollny-Fernsehzimmer, als Silvia und Dieter sich wegen der Feier zu ihrem 25. Jahrestag streiten. In der Folge — nicht jetzt. Silvia will das Paarjubiläum feiern, Dieter nicht, weil er für die neuen Hobbys der Kinder sparen möchte. Silvia findet, ihr Mann würdigt nicht, was sie alles für die Familie leistet, Dieter bockt. "Da war ich schon gemein zu dir", sagt er jetzt und guckt zu seiner Frau. Er weiß doch genau, was sie für die Familie leistet, schiebt er hinterher.

Gottlob versöhnt sich das Paar am Schluss wieder. Fernseh-Silvia und Fernseh-Dieter küssen sich — und alle Kinder johlen. Auch in Wirklichkeit, nicht nur im Fernsehen.

(NGZ/jul)
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