Neuss Die Stadt pflegt 1105 Soldatengräber

Neuss · Beim Volkstrauertag wurde gestern der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Die Stadt pflegt die Gräber ganzjährig.

 Die Neusser Schauspielerin Maria Sindermann-Schünemann las einen Text von Horst Lange.

Die Neusser Schauspielerin Maria Sindermann-Schünemann las einen Text von Horst Lange.

Foto: Andreas Woitschützke

Immer zwei Wochen vor dem ersten Advent gedenken die Menschen in Deutschland der Kriegstoten. Auch in Neuss wurde der Volkstrauertag gestern auf dem Hauptfriedhof wieder begangen.

Begleitet wurde die Gedenkfeier von der Musikschule Neuss. Die Neusser Schauspielerin Maria Sindermann-Schünemann las einen Text von Horst Lange. Hauptredner war aber der Bürgermeister. "Die vergangene Zeit lindert den Schmerz für die Angehörigen von Opfern, aber sie heilt nicht alle Wunden", sagte Reiner Breuer. Deswegen sei es wichtig, auch an die schlimmsten Zeiten deutscher Geschichte zu erinnern. "Erinnerungskultur" nannte Breuer das.

Dazu trägt die Stadt auch bei, wenn nicht Volkstrauertag ist. 1105 Einzelgräber von Soldaten gibt es auf Neusser Friedhöfen. Hinzu kommen 6,25 Quadratmeter Sammelgrabfläche. Die Pflege wird von den städtischen Friedhöfen übernommen.

Das Geld dafür kommt von der Bezirksregierung. Einmal im Jahr schickt sie ein unscheinbares Schreiben an die Stadt. "Pauschsatz-Erstattungsbescheid" steht in schönstem Beamtendeutsch im Betreff. Dabei regelt der Brief nicht weniger als ein würdiges Andenken an die Neusser Soldaten. Denn mit diesem Schreiben teilt die Bezirksregierung mit, wie viel Geld sie für Instandsetzung und Pflege der "Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft" auf Neusser Friedhöfen bereitstellt.

20.378,99 Euro waren es im Jahr 2014. Der Betrag hängt von der Anzahl der Gräber ab. 18,41 Euro gibt es für ein Einzelgrab, 5,75 Euro für einen Quadratmeter Sammelgrabfläche.

Ob die rund 20.000 Euro tatsächlich ausreichen, um die Arbeitsstunden der Mitarbeiter zu decken, kann die Verwaltung nicht genau sagen. Dies soll nach der derzeitigen Reform der Friedhofsverwaltung möglich sein, sagt Stadt-Pressesprecher Peter Fischer. Dass die Stadt der Soldaten gedenkt, dafür sorgt schon die Struktur des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberführsorge (VDK), der unter anderem den Volkstrauertag ausrichtet. Der Bürgermeister einer Stadt ist beim VDK automatisch Vorsitzender.

Reiner Breuer interpretierte den Volkstrauertag gestern über das übliche würdige Andenken hinaus. Er berichtete von seinem Besuch im belgischen Leuven am Donnerstag. Stadtarchivar Jens Metzdorf hatte vor zwei Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass der sogenannte Neusser Landsturm im ersten Weltkrieg maßgeblichen Anteil an Kriegsverbrechen hatte. Reiner Breuer hat daher einen "Gesprächsfaden" mit Vertretern von Leuven aufgenommen. Am Donnerstag war er dabei, als der Startschuss für ein europäisches Friedensprojekt erfolgte. Leuven will sein im Ersten Weltkrieg zerstörtes Glockenspiel wieder aufbauen. Die Stadt Neuss soll eine der größten Glocken beisteuern, so hat es Breuer versprochen. "Teil der Erinnerungskultur der Stadt Neuss muss auch die Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg bleiben", sagte Breuer, "Mir war und ist es als Bürgermeister wichtig, hierüber nicht zu schweigen, sondern daran zu erinnern. Wir müssen uns weiterhin für Frieden in Europa einsetzen."

(NGZ)
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