Deutsche Kammerakademie Die schöne „Bella 2.0“ trifft das Biest

NEUSS · Das Theater am Schlachthof (TaS) hat sich das durch Disney bekannte Märchen „Die Schöne und das Biest“ zu eigen gemacht.

Bella ist im Schloss des Biestes angekommen und hat ihren Spaß am sprechenden Kerzenleuchter.

Bella ist im Schloss des Biestes angekommen und hat ihren Spaß am sprechenden Kerzenleuchter.

Foto: Jagna Witkowski

Die Messlatte liegt hoch: Mit seinem Erfolgs-Musical „Die Schöne und das Biest“ hat der Unterhaltungskonzern Disney Maßstäbe gesetzt. Das Kindertheater-Team des Theater des Schlachthofs (TaS) hat sich davon nicht abschrecken lassen und die romantische Geschichte aus dem 18. Jahrhundert auf die Bühne gebracht – nicht als Abklatsch des Musicals, nicht als betuliches Märchen, sondern in einer inhaltlich und sprachlich entstaubten Fassung aus der Feder des künstlerischen Leiters Markus Andrae.

Der Mut hat sich gelohnt: Herausgekommen ist eine runde Sache, die für sich stehen kann – auch ohne die musikalischen Hits der Disney-Version. Das Premieren-Publikum jeden Alters hatte ganz offensichtlich viel Freude an der Inszenierung, die neben Sprach- und Situationskomik auch reichlich Schauwerte zu bieten hat – und natürlich eine zeitlose, menschenfreundliche Botschaft: Beurteile einen anderen nicht nach dem äußeren Schein!

Die Kernaussage der Erzählung war es dann auch, die Andrae bewog, den Stoff aufzugreifen: „Es ist ja ein sehr aktueller Aspekt, dass das Äußere eine so wichtige Rolle spielt und jemand als Mensch danach bewertet wird, ob er hübsch oder hässlich ist“. Seine Bearbeitung orientiert sich einerseits mehr am Original von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont (1711-1780), verzichtet andererseits jedoch nicht ganz auf einige charmante Anleihen bei Disney. So trägt Bella nicht nur das unverzichtbare gelbe Kleid, es gibt auch zwei sprechende Gegenstände: Standuhr (Tim Fleischer) und Kerzenleuchter (Daniel Cerman), deren humorvoll dargestellte Schicksalsgemeinschaft der Beziehung eines alten Ehepaares gleicht.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen natürlich die schöne Bella und der Prinz (Lars Evers), den eine Hexe vor langer Zeit wegen seiner Hochnäsigkeit in ein hässliches Biest verzauberte. Seitdem wartet er in seinem Schloss hinter wuchernden Rosenhecken darauf, dass ihn ein Mensch trotz seines Aussehens aufrichtig liebt und so vom Fluch befreit. Die Neusser Bella (Franka von Werden) ist dabei ein selbstbewusstes Mädchen von heute, das sich nach dem ersten Schrecken nicht so leicht einschüchtern lässt.

Dass sich die Geschlechterrollen seit dem 18. Jahrhundert verändert haben, fügt sich in die TaS-Fassung ganz harmonisch ein. Sprachunterschiede  werden deutlich und auch schon von den ganz jungen Zuschauern als solche wahrgenommen, wenn etwa Bella auf die gedrechselte Formulierung des Biests mit „Ok“ oder „Gebongt“ antwortet. Die unterschiedlichen Epochen verbindet auch Fabian Schulz, wenn er Spinett- und E-Gitarren-Klänge harmonisch kombiniert.

Unter der Regie von Sarah Binias bietet das sympathische Ensemble eine überzeugende Vorstellung. In das gelungene, herrlich-üppige Bühnenbild von Markus Andrae, Eik Essers und Leon Hajdukovic passen die wunderschönen Kostüme von Stefanie Klein. So war auch der drohende Einsturz des Schlosses ohne Spezialeffekte nicht schlecht gemacht, unterstützt von wirkungsvollen Licht- und Toneffekten.

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