Neuss "Die Ehe der Maria Braun" im TaS

Neuss · "Das Theater verbeugt sich vor Rainer Werner Fassbinder, dem erfolgreichen Autor, Schauspieler, Produzenten und Filmemacher." So beschreibt Regisseur Michael Hewel (50) seine Inszenierung von "Die Ehe der Maria Braun", die er im Theater am Schlachthof (TaS) zeigt. Der gleichnamige weltberühmte Film Fassbinders solle keinesfalls abgelöst oder gar ersetzt werden, sondern er sieht seine Inszenierung der Theaterfassung von Peter Märthesheimer und Pea Fröhlich als "zeitgemäße Antwort auf das Drehbuch".

 Ilva Melchior spielt im Theater am Schlachthof die Hauptrolle in dem Stück "Die Ehe der Maria Braun".

Ilva Melchior spielt im Theater am Schlachthof die Hauptrolle in dem Stück "Die Ehe der Maria Braun".

Foto: J. Walter

Die Geschichte erzählt von einer Frau namens Maria Braun (gespielt von Ilva Melchior), die in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges heiratet. Ihr Mann muss allerdings zurück in den Krieg und kehrt nicht mehr heim. Maria muss sich alleine durchschlagen — wie so viele Frauen im Nachkriegsdeutschland. Dabei konzentriert sie sich vollkommen auf wirtschaftlichen Erfolg, tut alles, um reich zu werden.

Für Hewel und auch für Reinhard Mlotek, Geschäftsführer des TaS, hat Fassbinder mit der Figur der Maria Braun "unabsichtlich eine Ikone für die Frauen der Nachkriegszeit, die Trümmerfrauen" geschaffen. Sie stehe damit exemplarisch für die Gesellschaft im Deutschland zwischen 1945 und 1955. Für eine ökonomisch orientierte Ellbogengesellschaft nämlich, die auf Fortschritt aus war und es innerhalb eines Jahrzehnts "vom Bombenkeller bis zum Fernseher" schaffte. Ebenso exemplarisch für diese Gesellschaft müsse Maria aber auch scheitern. Sie hat zwar Erfolg, aber wird nicht glücklich.

Die Kritik, die der 1982 gestorbene Fassbinder mit seinem 1979 erschienenen Film an der Gesellschaft übt, ist für Hewel immer noch aktuell. Denn auch heute könne man beobachten, sagt er, dass die Menschen vor lauter Streben nach Geld und Macht ihr emotionales Leben völlig vernachlässigten.

Ganz bewusst hat Hewel die Rollen gegen den Strich besetzt. So wird die Mutter von Maria Braun von Johann Wild gespielt, denn die Frauen im Nachkriegsdeutschland waren "die Männer", findet der Regisseur. Dabei lässt er seine Schauspieler nicht nur auf der Bühne agieren, sondern im ganzen Raum.

Hewel und Mlotek sind auch ein bisschen stolz, dass sie den Gästen des TaS dieses Stück überhaupt bieten können. Denn die Rechte dafür zu bekommen, sei gar nicht so einfach gewesen. Dass es geklappt hat, sei letztendlich Ilva Melchior zu verdanken, erzählt Mlotek. Denn ihr schauspielerisches Können habe Verlag und Autoren überzeugt, so dass sie dem Theater die Rechte verkauften.

Info Blücherstraße 31, Samstag, 12. September, 20 Uhr, Premiere, Kartentelefon 0 21 31 / 27 74 99

(RP)
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