Analyse Neusser Woche: Parteien und Öffentlichkeit Die Rückkehr der Hinterzimmer

Neuss · Keine Einladung im Vorfeld, keine Presse- mitteilung im Nachhinein. Nicht immer drängen die Parteien mit Macht in die Öffentlichkeit. Woher kommt diese Scheu?

Das designierte Führungsduo der Landes-SPD war in Neuss: Sebastian Hartmann, er soll neuer NRW-Vorsitzender werden, und Nadja Lüders, seine vermutliche Generalsekretärin. Bekannt wurde der Blitzbesuch erst Tage später, weil beim abendlichen Treffen für Eingeweihte im Kunstraum Trafostation auch um die Besetzung der Posten im Landesvorstand gepokert wurde. Mit im Skat der Neusser Arno Jansen, SPD-Fraktionschef im Stadtrat. Keine Einladung an die Medienvertreter also, wo in Augen von PR-geschulten Parteistrategen ansonsten gern nicht groß genug berichtet werden kann. Am besten mit Bild.

Die Altparteien kündigen an, sich erneuern zu wollen, alle Parteien suchen angeblich den Dialog mit den Bürgern und die Hand am Puls der Basis haben sie sowieso. Und wenn dann wirklich einmal neue Köpfe und designiertes Führungspersonal vor Ort erscheinen, bleibt die Öffentlichkeit außen vor. Am Ende erscheinen rund vierzig getreue Mitglieder zum Geheimtreffen. Fazit: Chance vertan!

 Ja, auch Parteigremien müssen sich einmal intern beraten dürfen. Ohne Presse. Aber sie können doch das eine tun, ohne das andere zu lassen. Ein Zeitbudget für den Austausch im geschützten Raum, davor oder danach aber zwacken sie ein paar Minuten für eine Begegnung mit der Öffentlichkeit oder zumindest mit Vertretern der Medien ab. Ja, man hätte gern, aber es habe halt die Zeit gefehlt … Die Organisatoren verweisen auf den eng getakteten Terminkalender der Handelsreisenden in Sachen Landespolitik. Geschenkt. 

Aber die Scheu, sich auch bei unbequemen Themen transparent zu zeigen, ist kein Alleinstellungsmerkmal der Sozialdemokraten im Rhein-Kreis Neuss. Das können andere auch. Zumindest versuchte es der Neusser CDU-Vorstand nach der verlorenen Bürgermeister-Wahl 2015 – und scheiterte. Die Mitglieder wiesen den Antrag ihrer Granden zurück und ließen die Öffentlichkeit – vertreten durch die Medienvertreter – zur Manöverkritik zu. Die AfD kündigt Parteitage auf kommunaler Ebene im Normalfall gar nicht erst an, spricht keine Einladungen aus und verkündet Ergebnisse via Pressemitteilung im Nachhinein.

Transparenz zu fordern, ist leicht. Transparent zu sein, offenbar schwierig. Einige reden darüber, die Hinterzimmer seien zurück. Sie waren nie weg.

   

(lue-)
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