Konzert im Münster Der WDR-Rundfunkchor zeigt sich als brillanter Klangkörper

Zum ersten Mal gab der Chor ein Konzert in Neuss. Im Münster bewiesen die Sänger unter Stefan Parkman ihre hohe Qualität.

 Der WDR-Rundfunkchor gastierte zum ersten Mal unter Stefan Parkman in Neuss.

Der WDR-Rundfunkchor gastierte zum ersten Mal unter Stefan Parkman in Neuss.

Foto: Thomas Kost

In der Neusser Quirinusbasilika gab es ein außergewöhnliches Konzert. Erstmals überhaupt sang der WDR-Rundfunkchor unter seinem Chefdirigenten Stefan Parkman in Neuss. Den „Tag der Deutschen Einheit“ Einheitstag hatten die Kölner auch zum Motto des Konzertes gemacht und verknüpften zwei der großartigsten Werke der A-cappella-Chormusik des 20. Jahrhunderts zu einer ganz und gar überzeugenden musikalischen Einheit. In Frank Martins „Messe für zwei vierstimmige Chöre“ wurden alternierend fünf Sätze aus Alfred Schnittkes „Zwölf Bußverse für gemischten Chor“ integriert.

Frank Martins Messe lag nach ihrer Vollendung 1926 unglaubliche 40 Jahre in der Schublade, bevor sie die Hamburger Bugenhagen-Kantorei zu „Studienzwecken“ erbat und sie auch gleich 1963 uraufführte. Aufgrund ihrer stark auf das Wort bezogenen Schönheit und einer extrem emotionalen Wirkung wurde die Messe schnell bekannt; sie gilt heute als klangschönstes Chorwerk à cappella des 20. Jahrhunderts.

Kyrie, Gloria und Credo werden als einheitlicher achtstimmiger Chor mit Aufteilung bis zu 16 Stimmen geführt, in den folgenden Teilen agieren die Sänger als Doppelchor. Moderne Tonalität und eindringlich auf den Text bezogene Musiksprache kennzeichnen auch die zwölf Bußverse des deutsch-russischen Komponisten Alfred Schnittke, der dieses ungewöhnlich dichte und anspruchsvolle Meisterwerk 1988 zur Tausendjahrfeier der Christianisierung Russlands schrieb. Schnittke sah seine religiöse Heimat in der russisch-orthodoxen Kirche, die Texte entstammen von „Schriftdenkmälern des Alten Russland“ aus dem 16. Jahrhundert.

Schon der erste Bußvers „Adam saß vor dem Paradies und weinte“ beginnt im Bass als altrussischer orthodoxer Gesang. Er verwebt sich mit komplexen Rhythmen, Akkordketten und Clusterverschiebungen  zu einer Tonsprache höchster moderner Intensität.Fordert schon Martins Messe den Chor bis aufs Äußerste, etwa im „Hosanna“ des Sanctus, so sind Schnittkes Verse irrsinnig schwer zu singen und nur von einem Profiensemble zu bewältigen. Kräftige Außenstimmen sind nötig, sehr tiefe profunde Bässe und klare hohe Sopranstimmen. Über beides verfügt der Rundfunkchor in glänzendem Maße, starke Mittelstimmen ergänzen den brillanten Klangkörper.

 Stefan Parkman (67), seit fünf Jahren Chef des WDR-Rundfunkchor Köln, führte die sängerischen und gestalterischen Qualitäten seines Chores zu vielen Höhepunkten. Weil der Chor bei diesen außerordentlichen Anforderungen Pausen benötigt, füllte diese der WDR-Moderator Wolfgang Meyer (59) mit eigenen Texten. Der bemüht „cool“ wirkende Autor rezitierte über Klimawandel und die „Prophetin“ Greta. Abgesehen davon, dass ein fehlender Popp-Filter am Mikrofon Verständnisschwierigkeiten bereitete, störten die Texte die immer auch kontemplative Stimmung der Musik. Das wurde von vielen Zuhörern in der fast vollständig gefüllten Basilika als einziges Manko in einem überragenden Konzert empfunden.

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