Neuss Der Wächter über die Schiffsfracht

Neuss · Das Kontrollbüro von Jens Hoffmann überprüft im Neusser Hafen die Qualität von Getreide und misst das Gewicht von Schiffsladungen.

 Jens Hoffmann erhält mit seiner Stechlanze ein Durchschnittsmuster des Schrotes und kann so dessen Qualität überprüfen.

Jens Hoffmann erhält mit seiner Stechlanze ein Durchschnittsmuster des Schrotes und kann so dessen Qualität überprüfen.

Foto: Lothar Berns

Getreideduft liegt in der Luft, und Staub. Viel Staub. Jens Hoffmann steckt die Stechlanze in den Schrot, der gerade an der Sels-Mühle auf das kleine holländische Schiff gefüllt wird. Hoffmanns Kontrollbüro prüft Waren, die an die Lebensmittelindustrie gehen. In Neuss ist es das einzige Unternehmen, das diese Arbeiten anbietet.

Hoffmanns Schwerpunkt liegt auf Getreide, und davon gibt es in Neuss genug - schließlich stehen dort viele Mühlen. Sogar Raps aus Australien wird nach Neuss verschifft, um dort verarbeitet zu werden. "In Deutschland wird nämlich nicht genug Raps produziert, um alle Mühlen bestücken zu können", erklärt Hoffmann.

Der Rapsschrott auf dem holländischen Schiff soll nach Rotterdam gehen und dort dann zu Tierfutter verarbeitet werden. Jens Hoffmann zieht die Stechlanze wieder heraus. Nun hat er ein Durchschnittsmuster des Schrotes und kann dessen Qualität kontrollieren.

Hoffmann und seine 16 Mitarbeiter kontrollieren Getreide aber nicht nur nach der Verarbeitung, sondern auch bei der Ankunft in Neuss. "Wir schauen uns natürlich immer erst den Zustand des Schiffes, des Zuges oder des Lkw an, in dem sich die Ware befindet", sagt Hoffmann. Dann überprüfen sie das Getreide: Wie sieht es aus? Wie riecht es? Wie ist die Temperatur? Falls alles okay ist, geht das Getreide an den Kunden. "60 Prozent davon werden dann Rapsschrot, 40 Prozent Öl", erklärt der 31-jährige. Natürlich prüft er auch das Öl. "Da führen wir zum Beispiel einen Geschmackstest durch", sagt er.

20 Schiffe mit Getreide als Fracht kommen jeden Tag im Neusser Hafen an. "1000 Tonnen befinden sich auf den meisten Schiffen, einige können auch 5000 laden", erklärt Hoffmann. Zum Vergleich: Ein Lkw kann lediglich 21 Tonnen transportieren. "Auch wenn viele Leute auf den Hafen mitten in der Stadt schimpfen, für Neuss ist er wichtig", sagt Hoffmann. "Wäre der Hafen nicht, und das Getreide müsste per Lkw nach Neuss gebracht werden, gebe es jeden Tag einen 365 Kilometer langen Stau."

Hoffmann und sein Team haben alle Hände voll zu tun, denn seit Anfang Januar kontrollieren sie nicht nur Getreide, sondern stellen auch fest, wie viel Tonnen ein Schiff geladen hat. "Der frühere Meister für Schiffseichen hat letztes Jahr aufgehört. Die Neuss-Düsseldorfer Häfen haben uns dann gefragt, ob wir das machen können", sagt Hoffmann. Um zum Beispiel herauszufinden, wie viel Kohle sich auf einem Schiff befindet, hält ein unabhängiger Sachverständiger des Kontrollbüros seinen Zollstock an eine Markierung des Schiffes, jeweils vor und nach dem Beladen. Mit einem speziellen Programm kann er dann ganz genau errechnen, wie viel Tonnen auf das Schiff geladen wurden.

Seit 1927 gibt es das Kontrollbüro der Familie Hoffmann schon in Neuss. Jens Hoffmann führt es nun in der vierten Generation. Neben dem Büro in Neuss hat er noch eines in Kleve und in Mannheim. "In der Branche sind wir von den kleinsten Unternehmen das größte", stellt der 31-Jährige fest.

(eler)
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