Neuss Der Traum vom Nussknacker

Neuss · Mit dem Ballett "Der Nussknacker" verzauberte die Linksrheinische Compagnie am Samstagabend das Publikum in der ausverkauften Stadthalle. Besonders brillierten Yuk Ting Li als Clara und die kleinen Tänzer des Kinderballetts.

 Liebevoll inszeniert: das Ballett "Der Nussknacker" in der Version von Compagnie-Leiter heißt Slavek Muchka.

Liebevoll inszeniert: das Ballett "Der Nussknacker" in der Version von Compagnie-Leiter heißt Slavek Muchka.

Foto: Andreas Woitschützke

Es ist der Kleinmädchentraum schlechthin: Eines Tages in Spitzenschuhen und weißem Tutu über die Bühne zu schweben. Diesen Traum hat auch Clara. Sie will so tanzen können wie die Zuckerfee, die die Familie mit ihrer Eleganz beeindruckt. Das weiß auch Claras geheimnisvoller Onkel Drosselmeyer, der dem Mädchen ein Paar Spitzenschuhe schenkt. Doch die ersten Tanzschritte misslingen so, dass sich die Kleine am Weihnachtsabend schluchzend in den Schlaf weint. Was sie in der darauffolgenden Nacht erlebt, hat die Linksrheinische Compagnie mit ihrem Leiter heißt Slavek Muchka auf die Bühne der ausverkauften Stadthalle gebracht.

Mit dem Text, den E.T.A. Hoffmann als Vorlage für Tschaikowskys Ballett schrieb, hat Muchkas Version nicht viel gemein: Die düstere Geschichte des Nussknackers, der gegen den schrecklichen Mäusekönig kämpft, löst sich in einem süßen Märchen aus Taft und Tüll auf. Auch der kleine Nussknacker selbst gibt an diesem Abend nur ein hölzernes Tänzchen zum Besten. Es geht nicht um ihn. Es geht um Claras Lebenstraum.

Tänzerin Yuk Ting Li mit ihren weißen Schleifchen im Haar mimt das Mädchen perfekt. Im wehenden schwarzen Umhang stets an ihrer Seite: Slavek Muchka als Onkel Drosselmeyer. Nach einer halben Stunde hat sich das anfangs etwas starre Ensemble in Höchstform getanzt: In weißen Kostümen wirbelt es beim Tanz der Schneeflocken wie ein Schneesturm über die Bühne. Und später, wenn Yuk Ting Li im weißen Kleid leichtfüßig und nur von ihrem Schatten begleitet ihr Solo gibt, spürt jeder: Sie spielt Clara nicht, sie ist es. Ihr Traum ist wahr geworden.

In der liebevollen Inszenierung dürfen auch die Kinder der Ballettschule auf die Bühne. In ihren bunten Kostümen sehen sie so putzig aus, dass man beinahe übersieht, wie anmutig sie sich bewegen. Selbst als sie wie eine Reihe Dominosteine umfallen, plumpst der letzte kleine Clown taktgenau. Stolz steht Slavek Muchka am Bühnenrand. Er ist längst nicht mehr Onkel Drosselmeyer. Er ist der Ballettmeister. Im Pas-de-deux mit Clara hebt er sie auf die Schultern, schwingt sie durch die Luft. Und doch: Etwas weniger Akrobatik hätte dem Stück gut getan. Oft bremsen die schwierigen Figuren die Tänzer aus.

Dem Publikum ist das egal. Verzaubert und mit roten Wangen tänzeln lauter kleine Claras in ihren Kleidchen nach der Vorstellung zum Ausgang. Auch ihre Eltern strahlen. Gut möglich, dass sich der ein oder andere gerade wieder an einen Lebenstraum erinnert.

(NGZ)
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