Neuss Der Marine-Verein wrackt sein Boot ab

Neuss · Die "Pulchra Nussia", ein im Zweiten Weltkrieg gebautes Minenräumboot, wird abgewrackt. Übernahme-Interessenten gibt es nicht. Der Verein ist schon auf der Suche nach einem neuen Schiff, das schwimmendes Vereinsheim werden soll.

 Seit 1976 liegt die "Pulchra Nussia" im Sporthafen fest vertäut. Wenn es noch einmal heißt "Leinen los", dann nur zum Verschrotten.

Seit 1976 liegt die "Pulchra Nussia" im Sporthafen fest vertäut. Wenn es noch einmal heißt "Leinen los", dann nur zum Verschrotten.

Foto: A. Woitschützke

Das schwimmende Vereinsheim des Marine-Vereins ist nicht mehr zu halten. 69 Jahre nachdem die "Pulchra Nussia" ("Schönes Neuss") als Minenräumboot der Kriegsmarine der Wehrmacht in Bremen-Lemwerder auf Kiel gelegt wurde, haben die 60 Mitglieder des Neusser Vereins beschlossen, den zum Heimboot umfunktionierten Veteranen abzuwracken. "Die Grundstruktur des Bootes ist sehr angegriffen", nennt der erste Vorsitzende Thomas Wahle Details. Selbst die Aluminium-Wanten, die die Mahagonibeplankung des Rumpfes zusammenhalten, seien inzwischen verrottet.

Aktuell ist die Pulchra Nussia eine von nur noch drei schwimmenden Einheiten der Kriegsmarine. Erhaltenswert wäre das Boot nach Wahlens Überzeugung schon, aber ein Denkmal ist es nicht. Es gebe auch bewegliche Denkmäler in Neuss, sagt Stadtpressesprecher Michael Kloppenburg mit Hinweis auf den seit 1995 in der Denkmalliste der Stadt aufgeführten Aalschocker "Fiat Voluntas", der im Sporthafen in Sichtweite des Heimbootes vertäut liegt. Die "Pulchra Nussia" selbst steht aber nicht unter Schutz.

Der Beschluss zum Abwracken steht und wurde auch schon mit der Stadt besprochen, sagt Wahle. Einen Zuschuss will der Verein dafür nicht beantragen. "Das bekommen wir alleine hin", sagt der Vorsitzende mit Blick auf vorliegende Entsorgungsangebote. Allerdings beschäftigen die Details der technischen Abwicklung dieser Verschrottung noch einen fünfköpfigen Arbeitskreis. Am realistischsten erscheint derzeit, den über 40 Meter langen Minenräumer beim nächsten Hochwasser auf die Parkplatzfläche am Hafen zu ziehen, wo er nach Ablaufen des Wassers an Land liegenbliebe. Mit dem Aalschocker "Helena II", Baujahr 1890, war im Winter 2010/11 genau so verfahren worden. Nur, wann steigt die Flut das Wasser das nächste Mal so hoch?

Fakt sei, dass die "Pulchra Nussia", die seit 1976 im Sporthafen festgemacht hat, nach dieser Saison alle Versorgungsleitungen zum Land kappen müsste, um im Fall des Falles schnell flott gemacht werden zu können. Fakt ist aber auch, sagt Wahle, dass das Boot zwar schwimmt — aber keine weiten Strecken mehr. "Eine Schleppgenehmigung bekommen wir nicht mehr", weiß er nach Erkundigungen. Vielleicht fand sich auch deshalb unter den angefragten Marine-Museen keines, das ernsthaft an einer Übernahme des Bootes Interesse hat.

Ungeklärt ist die Frage, wo der Marine-Verein und der ihm angeschlossenen Marine-Regatta-Vereins künftig unterkommen. Wunsch und Ziel sei es, wieder ein schwimmendes "Haus" zu haben, sagt Wahle. Eine andere Lösung direkt an den eigenen Steganlagen sei kaum machbar. Die Sache nach einem Boot ist schon angelaufen.

Die "Pulchra Nussia" hatte der Verein 1969 durch Vermittlung des Deutschen Marinebundes bekommen. Aber aus dem traten die Neusser 2010 aus — um die Beiträge für ein Boot zu sparen.

(NGZ)
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