Neuss Der Mann mit der Drehorgel

Neuss · Seit 30 Jahren verdient Ralf Flören mit Kleinkunst seinen Lebensunterhalt. Regelmäßig steht "Florian" mit seiner Drehorgel auch in Neuss. "Ich genieße meine Freiheit", sagt der Straßenmusiker über seine Motivation.

 Ein vertrautes Bild: Ralf Flören mit seiner Drehorgel im Neusser Hauptstraßenzug. Mit Straßenmusik wirbt er für sich als Zauberer und Aktionskünstler.

Ein vertrautes Bild: Ralf Flören mit seiner Drehorgel im Neusser Hauptstraßenzug. Mit Straßenmusik wirbt er für sich als Zauberer und Aktionskünstler.

Foto: Woi

Er mag Neuss und die Neusser mögen ihm. "Die Reaktionen sind überwiegend freundlich", sagt Ralf Flören (61), der regelmäßig mit seiner Drehorgel in der Innenstadt steht. "Aber nur einmal in der Woche", verrät er, denn er will vermeiden, dass die Menschen durch eine Überdosis seiner Musik überdrüssig werden. Der wohl kalkulierte Einsatz ist ihm wichtig: "Ich wechsele auch tagsüber immer wieder den Standort." Er möchte nämlich nicht, dass er mit seinen Darbietungen die Anwohner nervt.

Auch in Neuss hatten sich Einzelhändler und Wirte über eine Dauerbeschallung durch Straßenmusiker beklagt. Christoph Napp-Saarbourg, Vorsitzender der Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss (ZIN), forderte längere Pausen, hörbare Ortswechsel und strengere Kontrollen der Straßenmusiker. Flören hat für Napp-Saarbourgs Aussagen Verständnis. "Darum bleibe ich ja nie lange an einem Standort", sagt er, "Herr Napp-Saarbourg kann mich nicht gemeint haben."

Seit 30 Jahren ist Ralf Flören im Geschäft. Kleinkunst ist der Broterwerb des Mönchengladbachers, der eine Familie zu ernähren hat. Mit dem Einkommen kann er auskommen. "Ich kann mir keinen Porsche leisten", sagt Ralf Flören, "höchstens einen gebrauchten Porsche." Dabei setzt er nicht nur auf die Straßenmusik. Er sieht sich vielmehr als (Aktions-)Künstler. So tritt er als "Florian der Zauberer" auf. Bei Geburtstagen wird er mit seinen Hochrädern verpflichtet oder baut sein Spiegelkabinett auf. Ein besonderer Spaß sind die asiatischen "Tuk-Tuks", die gern von Hochzeitspaaren gebucht werden.

Die Zeit zwischen den Terminen nutzt Ralf Flören zur Straßenmusik. Dabei sei ihm zunächst nicht das Geld wichtig, das Passanten in sein Sammelkörbchen werfen. "Natürlich freue ich mich über jede Münze", sagt Flören, aber im Kern seien seine Drehorgel-Auftritte Werbeaktionen, um größere Auftritte an Land zu ziehen: "Das funktioniert."

Rolf Flören ist gelernter Industriekaufmann, studierte später Sozialpädagogik. Unter anderem arbeitete er für Krankenkassen. Doch das war ihm zu viel Pflicht und zu wenig Kür. Darum ging er das Risiko ein und machte sein Hobby, das Zaubern, zum Beruf – mit Erfolg. Mit seiner "bunten Mischung" aus Kleinkunst und Aktion sieht sich "Florian" – wie sich Ralf Flören bei seinen Auftritten nennt – als "Klein-Unternehmer". Es ist nicht immer einfach, ausreichend gebucht zu werden, doch Flören kann mit dieser Unsicherheit umgehen: "Sie ist der Preis für die gewisse Freiheit, die ich genieße." Die Drehorgel ist seine persönliche Freiheitsstatue.

(NGZ)
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