Neuss Der Bankdirektor in der Bütt

Neuss · Was den Aachenern der Orden "Wider den tierischen Ernst" ist, das ist den Neussern das Rekeliser. Heute erhält Volksbank-Chef Rainer Mellis als 35. Ritter die begehrteste Auszeichnung, die im Neusser Karneval vergeben wird. WDR-Moderator Bernd Müller hält die Laudatio.

 Pure Lebensfreude: Rainer Mellis arbeitet hart, feiert gern – mit Narrenkappe oder mit Schützenzylinder.

Pure Lebensfreude: Rainer Mellis arbeitet hart, feiert gern – mit Narrenkappe oder mit Schützenzylinder.

Foto: Woi

Regentropfen klatschen auf die leeren Stuhl- und Tischreihen. Während 1200 Gäste sich rund um den Münsterplatz nach einem trockenen Plätzchen drängen, tanzt der Gastgeber des Schützenbiwaks allein mit einem Zylinder in der Hand auf der Bühne: "I'm singing in the Rain" statt Neusser Heimatlied. Auch als Banker überrascht Rainer Mellis sich und andere. Der Mann kann über sich lachen. Das ist schon eine ganze Menge für einen, der für den begehrtesten Orden vorgesehen ist, den der Neusser Karneval zu vergeben hat.

Heute Abend erhält Rainer Mellis (44), Vorstandssprecher der Volksbank Düsseldorf Neuss, das Rekeliser, die Neusser Antwort auf den Aachener Orden "Wider den tierischen Ernst". Das Rekeliser wird Frauen und Männern zuerkannt, die unbequeme Wahrheiten aussprechen, menschliche Schwächen aufspießen, ohne dabei jemanden zu verletzen. Humor ohne Häme.

Rainer Mellis wird heute als 35. Ritter in das Ordenskapitel der Brauchtums- und Karnevalsgruppe (BKG) der Heimatfreunde aufgenommen. Den Anfang machte 1978 Rudolf Haefs. Die Laudatio hält der WDR-Moderator Bernd Müller, der im Vorjahr ausgezeichnet wurde. Zur festlich-fröhlichen Ordensverleihung im voll besetzten S-Forum der Sparkasse werden heute Abend über 250 Gäste erwartet.

Rainer Mellis, der Neusser jüngstes Rekeliser, gibt gern den Grenzgänger – zwischen Rheinland und Westfalen, zwischen Neuss und Düsseldorf, zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz. Die Gratwanderung liegt ihm von Geburt an im Blut. In Oberhausen-Osterfeld, an der Nahtstelle zwischen Rheinland und Westfalen, wurde er geboren. Von seinem Büro an der Zollstraße kann er den Rhein sehen, von seinem Wohnzimmer in Drevenack Westfalen. Als Fußballfan beweist er, wie viel Westfalen noch in ihm steckt: Am liebsten trägt er Schalkes Königsblau.

Die Volksbank Düsseldorf Neuss, aus der Fusion der Volksbank Neuss und der Düsseldorfer Bank entstanden, lotst er geräuschlos durch die emotionalen Irrungen und Wirrungen der beiden Nachbarstädte. Den Neussern vermittelt er das Gefühl, dass sich bei ihrer Volksbank rein gar nichts verändert hat. Den Düsseldorfern schenkt er im Gegenzug die Gewissheit, eine neue Bank hinzu gewonnen zu haben.

Tritt Rainer Mellis durch die Türe, ist der Raum voll. Das liegt nicht nur an seinen stattlichen Körpermaßen. Ein Alpha-Tierchen der Marke raue Schale, weicher Kern. Oder anders ausgedrückt: Bei aller Leidenschaft für den Beruf nimmt sich Rainer Mellis Zeit, um die schönen Dinge des Lebens zu genießen. Seine Liebe zu Nudeln, Wein und Zigarren hinderte ihn aber nicht, viele Pfunde hinter sich zu lassen. Diese Selbstdisziplin bewahrt ihn davor, dass aus der Gratwanderung ein Ritt auf der Rasierklinge wird.

Die Gäste dürfen sich freuen, denn weitere Redner werden heute Abend ihre Qualität als Grenzgänger beweisen müssen. Sparkassen-Vorstand Volker Gärtner begrüßt als Hausherr den Kollegen von der Volksbank. Ebenso ergeht es Herbert Napp. Der Bürgermeister kennt sich aus im Verwaltungsrat der Sparkasse, seine Frau Christiane sitzt im Aufsichtsrat der Volksbank. Im Grunde erwartet alle ein Abend wie immer: Eine Lehrstunde in Sachen Neusser (Schnitt-)Mengenlehre.

(NGZ)
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