Neuss Demenz-Hilfe aus einer Hand

Neuss · Das Beratungs- und Hilfsangebot für Demenzerkrankte und deren Angehörige im Kreis ist groß – aber unübersichtlich. Das soll die Beratungs- und Koordinierungsstelle der Augustinus-Kliniken ändern.

 Manfred Steiner (BEKO) und Dr. Martin Köhne stellten gestern Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und Gesundheitsdezernent Karsten Mankowsky (v.l.) die Arbeit der Beratungs- und Koordinationsstelle vor.

Manfred Steiner (BEKO) und Dr. Martin Köhne stellten gestern Landrat Hans-Jürgen Petrauschke und Gesundheitsdezernent Karsten Mankowsky (v.l.) die Arbeit der Beratungs- und Koordinationsstelle vor.

Foto: L. Berns

Das Beratungs- und Hilfsangebot für Demenzerkrankte und deren Angehörige im Kreis ist groß — aber unübersichtlich. Das soll die Beratungs- und Koordinierungsstelle der Augustinus-Kliniken ändern.

Jeder zweite Angehörige, der einen Demenzerkrankten pflegt, wird innerhalb von zwei Jahren selbst psychisch krank. Wenn sie dann eine psychiatrische Ambulanz oder Klinik aufsuchen, "sind sie oft völlig verzweifelt", beobachtet Dr. Martin Köhne, Chefarzt des St.-Josef/St.-Alexiuskrankenhauses. So am Ende, dass sie "oft direkt in die Behandlung gehen mussten", ergänzt der Sozialpädagoge Manfred Steiner. Dabei könnte er helfen — und zwar bevor es soweit kommt.

Seit gestern gibt es für Ratsuchende mit Fragen zu vielen Krankheiten des Alters eine zentrale Anlaufstelle im Kreis: die Beratungs- und Koordinierungsstelle Demenz der Neusser St. Augustinus-Kliniken. Angesiedelt ist die Beko Demenz beim ambulanten Zentrum an der Nordkanalallee, doch mit der Fertigstellung des geplanten Demenz-Kompetenzzentrums Rheinland (DKR) der Augustinus-Kliniken soll sie an die Engelbertstraße übersiedeln. Ein Grund: Bei Demenzerkrankungen sind hohe Zuwachsraten zu erwarten. Kreisgesundheitsdezernent Karsten Mankowsky spricht von 5000 Betroffenen derzeit und plant in zehn Jahren mit über 8000. Ein weiterer: Das DKR soll erstmals eine Rundumversorgung für das Thema Demenz bieten — Beratung inklusive.

Fertig wird das DKR frühestens in zwei Jahren, gebraucht wird die Beratungsstelle aber schon jetzt. Das sah man auch beim Landschaftsverband Rheinland so, der die Kosten der Beko für die ersten drei Jahre komplett übernimmt. Er hatte die finanzielle Förderung einer gerontopsychiatrischen Beratungsstelle ausgeschrieben und dem Neusser Konzept den Zuschlag gegeben. Das reduziert die Hilfeleistung der Beko nicht auf Demenzerkrankungen, sondern ist auch, so hob Mankowsky hervor, ansprechbar bei anderen psychischen Erkrankungen wie Altersdepression oder Sucht. Und das neutral, kostenlos und trägerübergreifend.

In Anspruch nehmen können die Hilfe Angehörige aber auch Menschen, bei denen die Diagnose Demenz, eine immer noch unheilbaren Krankheit, gestellt wurde. Ihnen wollen die beiden Experten der Beko helfen, die Situation zu verstehen, das Verhalten richtig einzuordnen, die richtigen Hilfsangebote zu kennen und zu nutzen. Die hat die Beratungsstelle kreisweit gesichtet und will in Zukunft auch koordinierend bei der Weiterentwicklung dieser Angebote mitarbeiten. Zielgruppe sind aber auch Personen, die mit Demenzerkrankten in Kontakt kommen — und unsicher sind, wie sie sich verhalten sollen. Schulungen etwa für Taxifahrer und Verkäufer sind Teil des Konzeptes. "Entstigmatisierung", sagt Steiner. Denn Demente müssten nicht "versteckt werden".

(NGZ)
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