Neuss Das seltsame Spiel der Liebe

Neuss · Die Shakespeare Company Berlin hat bei seinem Gastspiel in Neuss "Die Zähmung der Widerspenstigen" auf die Bühne des Globe gebracht. Die Fassung stammt von Companygründer Christian Leonard.

 Noch wird Petruchio (r.) mit Argwohn betrachtet, aber schon bald ist er willkommener Heiratskandidat für Katharina (l.).

Noch wird Petruchio (r.) mit Argwohn betrachtet, aber schon bald ist er willkommener Heiratskandidat für Katharina (l.).

Foto: Susanne Schleyer

Rot ist die Farbe der Liebe. Der Erotik, der Lebensfreude, der Energie, aber auch das Hasses, der Wut, der Gefahr. Wie passend also, dass die Ausstatterinnen Kathrin Schlosser (Kostüme) und Sabine Raible (Bühne) die komplette Inszenierung des an überbordenden Gefühlen reichen Stücks "Die Zähmung der Widerspenstigen" förmlich in Rot getaucht haben: sämtliche Kostüme — bis hin zu den Unterhosen der Männer —, aber auch die schlichte Bühne mit drei senkrechten Wandelementen, die zudem die praktische Funktion haben, dass man sich dahinter schnell in eine andere Person verwandeln kann.

Rein äußerlich punktet die Inszenierung von Tom Ryser mit der Shakespeare Company Berlin im Globe schon beim ersten Bild. Die Einleitung in der recht derben, aber durchaus shakespearekonformen Spielfassung von Christian Leonard beschränkt sich auf ein Minimum, verzichtet gänzlich auf das Vorspiel mit dem Kesselflicker Schlau und steigt gleich in die Geschichte ein. Dass die aber in einem ICE nach Padua beginnt (und natürlich nicht auf das Reizwort "Klimaanlage" verzichtet), ist dann doch ein recht bemühter Regieeinfall. Immerhin aber gibt er dem Ensemble die Gelegenheit, zu zeigen, dass es nicht nur über eine hohe Sprechkultur, sondern auch über eine große Geräuschpalette verfügt.

Sei's drum. Signora Battista (Vera Kreyer) — Leonard hat sie zur Witwe gemacht — ist mit ihren beiden Töchtern Bianca und Katharina auf dem Rückweg von einer Shoppingtour, als Lucentio (Oliver Rickenbacher) auf die Familie trifft und sich sofort in die liebreizende Bianca (Elisabeth Milarch) verliebt. Aber zunächst muss er den älteren Mitbewerber Hortensio (Erik Studte) aus dem Feld schlagen — der tröstet sich dann mit der Mutter. Und das Wichtigste: Erst muss Biancas herrische ältere Schwester Katharina (Alexandra Surer) einen Mann finden, bevor die Jüngere heiraten darf.

Kandidat Petruchio (Stefan Plepp) ist in diesem Fall nicht nur großspurig, sondern auch leicht prollig. Die zum Teil gewalttätigen Annäherungsversuche von ihm und Katharina aber legen Ryser und Leonard als modernen Zweikampf zweier Ebenbürtiger an. Der eine möchte den anderen nach seinen Vorstellungen zurechtbiegen, beide geben letztlich ein Stück von sich auf. So geht Petruchio nur als relativer Sieger vom Platz. Er hat Katharina zwar mit Schlaf- und Essensentzug kleingekriegt, aber ihr wissendes Lachen und ihre Worte zeigen, wo es hingeht: "Er würde dasselbe auch für mich tun."

Eine mögliche Lesart des Stückes und reizvolle Variante im seltsamen Spiel der Liebe, die noch mehr überzeugen würde, wenn der Regisseur beherzter mit der Spielfassung umgegangen werde. Geht Leonard schon keinem sprachlichen Gag aus dem Weg, so setzt Ryser noch einen drauf und macht aus Dienern wie Biondello und Grumio pure Witzfiguren. Weniger wäre da mehr gewesen. Beeindruckend hingegen, wie die Schauspieler ihre Rollen meistern. Bis auf Plepp als Petruchio hat jeder andere mindestens zwei zu spielen.

Nächster Festival-Termin: Donnerstag, 20 Uhr, "Julius Cäsar Cleopatra Antonius" der Bremer Shakespeare Company

(NGZ)
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